EU-Kommission stützt Rechtsposition der Deutschen Umwelthilfe im Kampf für die „Saubere Luft“ – Klage vor dem EuGH ist schallende Ohrfeige für Diesel-Kanzlerin Angela Merkel

EU-Kommission verklagt Deutschland wegen
anhaltender Überschreitung der Luftqualitätswerte für
Stickstoffdioxid – Deutsche Umwelthilfe begrüßt Klarstellung der
EU-Kommission, dass die Gesundheit der Menschen wichtiger ist, als
die Profitsteigerung der Dieselkonzerne – DUH fordert
Regierungspartei SPD dazu auf, die im Koalitionsvertrag zugesagte
technische Nachrüstung der insgesamt über 10 Millionen Betrugsdiesel
in Deutschland durchzusetzen – Mit dem Rückenwind der EU rechnet die
DUH im Rahmen der 28 laufenden Klageverfahren nun mit
Diesel-Fahrverboten für „Saubere Luft“ auch für Euro 5+6 Diesel-Pkw
mit nachgewiesenen illegalen Abschalteinrichtungen noch in diesem
Jahr – EU-Kommission bestätigt mit einem Aufforderungsschreiben auch
die Vorwürfe der DUH, dass das Kraftfahrt-Bundesamt gegen die
EU-Zulassungsbestimmungen verstoßen hat

Die EU-Kommission hat heute Klage gegen Deutschland und fünf
weitere EU-Mitgliedsstaaten wegen anhaltender Verstöße gegen das
EU-Luftreinhalterecht vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)
erhoben. Obwohl der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) seit 2010
gilt, wird dieser in Deutschland an vielen Orten nicht eingehalten.
Die Entscheidung kommentiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der
DUH:

„Mit der heute bekannt gewordenen Entscheidung erhält
Autokanzlerin Angela Merkel von der EU-Kommission eine schallende
Ohrfeige. Erst gestern hatte sie im Deutschen Bundestag den Bruch des
Koalitionsvertrags zur Schonung und Profitsteigerung der
betrügerischen Diesel-Konzerne erklärt.

Die EU stützt mit ihrer heutigen Entscheidung ausdrücklich die
Rechtsposition der Deutschen Umwelthilfe und wirft nach dem
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig der deutschen Bundesregierung
vor, den Gesundheitsschutz ihrer Bevölkerung mit Füßen zu treten. Den
Vorwurf der DUH, die ehemals stolze Bundesbehörde
Kraftfahrt-Bundesamt sei in der Regentschaft von Merkel zum
Bettvorleger der Autokonzerne verkommen, bestätigt die EU-Kommission
mit einem Aufforderungsschreiben, dass gegen die
EU-Typzulassungsvorschriften verstoßen wurde.

Während die US-Regierung Verstöße gegen die Luftreinhaltegesetze
mit sieben Jahren Haft ahndet, kündigt diese Bundesregierung an, die
deutschen Autobauer vor Strafen und technischen Nachrüstungen zu
schützen. Die SPD muss nach dem gestrigen Kniefall von Merkel vor der
Autoindustrie und der heutigen Antwort aus Brüssel darauf bestehen,
dass alle Diesel-Pkw mit betrügerischen Abschalteinrichtungen auf
Kosten der Hersteller eine technische Nachrüstung erhalten.“

Die DUH rechnet damit, dass die heutige Entscheidung die
Durchsetzung von Diesel-Fahrverboten in deutschen Städten deutlich
beschleunigen wird. Noch im Mai werden erste Straßen in Hamburg für
Diesel bis einschließlich Euro 5 gesperrt. Angesichts immer neuer
Nachweise rechtswidriger Abschalteinrichtungen bei selbst in diesem
Jahr noch produzierten und mit –Umweltprämien– dem Verbraucher
angedrehten Diesel-Pkw wie dem Audi A6, rechnet die DUH mit einer
schnellen Ausdehnung der Diesel-Fahrverbote auch auf viele Euro 6
Diesel.

Erfolgreich verhindert die Autoindustrie in Deutschland auch die
nach EU-Recht vorgeschriebene „abschreckende und angemessene“
Strafzahlung für den Abgasbetrug. „Während einer Privatperson beim
dreimaligen Busfahren ohne Fahrschein binnen zwei Jahren eine
Gefängnisstrafe droht, sollen die Autokonzerne weder eine Strafe
zahlen noch den Schaden durch eine behördlich angeordnete technische
Nachrüstung wieder gut machen“, so Resch weiter. In Frankreich
fordert die Antibetrugsbehörde über 18 Milliarden Euro Strafe von
Renault, PSA (Citroen/Peugeot) und FCA (Fiat Chrysler) wegen
Abgasbetrugs. In Deutschland wurde noch kein Euro Strafe gefordert.
Im Dezember 2016 hat die EU-Kommission daher ein weiteres,
eigenständiges Vertragsverletzungs¬verfahren gegen Deutschland
eingeleitet.

In dieser Woche erhielten zwei weitere Hersteller Rückrufbescheide
wegen neu entdeckter Betrügereien. Bekannt sind diverse nun auch vom
Kraftfahrt-Bundesamt bestätigte illegale Abgas-Manipulationen an Euro
6 Diesel-Pkw, zuletzt bei den Politikerdienstwagen Audi A6/A7 und A8
sowie dem BMW 750d.

Die Bundesregierung ist aufgefordert, die Hersteller zur
technischen Hardware-Nachrüstung der Betrugs-Diesel auf deren Kosten
zu verpflichten. Nur technisch ertüchtigte Diesel-Pkw, die den Euro 6
NOx-Grenzwert auf der Straße auch im Winter einhalten, sind sicher
von Diesel- Fahrverboten ausgenommen. Derzeit führt die DUH in 28
Städten, in denen der Jahresmittelgrenzwert für NO2 überschritten
wird, Klageverfahren für „Saubere Luft“. „Wir werden Fahrverbote für
alle auf der Straße schmutzigen Diesel egal welcher Abgasstufe als
schnellstmögliche Maßnahme für –Saubere Luft– auf dem Rechtsweg
durchsetzen“, kündigt Resch an. Am 8. Juni 2018 wird das
Verwaltungsgericht Aachen über die Klage der DUH für die Einhaltung
der NO2-Gernzwerte verhandeln.

Hintergrund:

Im September 2014 hatte die EU-Kommission das
Vertragsverletzungsverfahren formal eingeleitet. Basis des Verfahrens
ist die in allen Mitgliedstaaten geltende EU Luftqualitätsrichtlinie
2008/50/EG, die einen Grenzwert für die Konzentration von NO2 in der
Umgebungsluft von maximal 40 µg/m³ im Jahresdurchschnitt festlegt.
Dieser Wert ist seit dem 1. Januar 2010 einzuhalten.

In Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens wies die Kommission
wiederholt auf fehlende Entscheidungen der Bundesregierung zur
Beendigung des Steuerprivilegs für Dieselkraftstoff sowie die
fehlende Festlegung von Fahrverboten für hoch emittierende
Dieselfahrzeuge hin. Auch die Bestrafung von Automobilunternehmen,
die der Abgasmanipulation überführt sind, hatte die EU-Kommission
eingefordert und ein weiteres, eigenständiges
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland im Dezember 2016
eingeleitet.

Links: Mehr über die Arbeit der DUH für „Saubere Luft“:
http://www.duh.de/themen/luftqualitaet/recht-auf-saubere-luft/

Mehr über das Recht auf saubere Luft:
https://www.right-to-clean-air.eu/

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de

DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
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