BERLINER MORGENPOST: Träge Verwaltung / Kommentar von Martin Nejezchleba zu Berliner Verwaltung

Kurzform: 278 Tage. So lange wartet eine
alleinerziehende Mutter jetzt in Tempelhof auf den
Unterhaltsvorschuss für ihren Sohn. Nach neun Monaten pampigen
Vertröstens aus dem Jugendamt dann eine erste Antwort: Sie soll
Unterlagen nachreichen. Die Frau ist alles andere als ein Einzelfall.
Allein im Jugendamt von Tempelhof-Schöneberg türmen sich 3500
unbearbeitete Anträge, Tausende Alleinerziehende warten auf nötiges
Geld für ihre Kinder. Wer sich auf die Suche nach den Gründen macht,
findet sich in einem Déjà-vu wieder. Man könnte das Thema beliebig
ersetzen – Kitaplätze, Schulbau, Lehrermangel. Jetzt also der
Unterhaltsvorschuss. Die Berliner Verwaltung ist zu träge, um den
Bürgern das zu bieten, was ihnen zusteht. Auch diesmal ist es eine
Behördenkrise mit Ansage.

Der vollständige Kommentar: 278 Tage. So lange wartet eine
alleinerziehende Mutter jetzt in Tempelhof auf den
Unterhaltsvorschuss für ihren Sohn. Nach neun Monaten pampigen
Vertröstens aus dem Jugendamt dann eine erste Antwort: Sie soll
Unterlagen nachreichen. Die Frau ist alles andere als ein Einzelfall.
Allein im Jugendamt von Tempelhof-Schöneberg türmen sich 3500
unbearbeitete Anträge, Tausende Alleinerziehende warten auf nötiges
Geld für ihre Kinder. Wer sich auf die Suche nach den Gründen macht,
findet sich in einem Déjà-vu wieder. Man könnte das Thema beliebig
ersetzen – Kitaplätze, Schulbau, Lehrermangel. Jetzt also der
Unterhaltsvorschuss. Die Berliner Verwaltung ist zu träge, um den
Bürgern das zu bieten, was ihnen zusteht. Auch diesmal ist es eine
Behördenkrise mit Ansage. Unterhaltsvorschuss zahlt die Kommune an
Alleinerziehende, wenn der andere Elternteil seinen finanziellen
Verpflichtungen für das Kind nicht nachkommt. Seit Anfang 2017
diskutierte der Bundestag über die Ausweitung der Zahlungen. Im
August 2017 trat die Neuregelung in Kraft. Statt nur bis zum 12.
Lebensjahr kann der Vorschuss jetzt bis zur Volljährigkeit bezogen
werden. Bis heute, knapp ein Jahr später, haben die Bezirksämter
nicht die Voraussetzungen geschaffen, um dem Rechtsanspruch gerecht
zu werden. In allen Bezirken gibt es Probleme, Tempelhof-Schöneberg
ist trauriger Spitzenreiter. Zur Verteidigung des Jugendamts: Die
Antragsbearbeitung ist ein bürokratischer Kraftakt, die Fälle haben
sich fast vervierfacht, das Personal war schon vorher knapp. Aber:
Das alles war voraussehbar. Jetzt sagt der Senat: Bedauerlich, aber
die Bezirke sind schuld. Man habe ihnen schließlich 72 neue Stellen
spendiert. Was dabei nicht gesagt wird: Die Stellen wurden zu
gleichen Anteilen auf die Bezirke verteilt, statt zu prüfen, wo der
Bedarf am größten ist. Auch technokratische Bevormundung aus dem
Senat ist Teil dieses Déjà-vus.

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