Kölner Stadt-Anzeiger: Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur kritisiert interreligiösen Dialog: „komplett sinnlos“ Klage über Klischees und verbreiteten Alltagsrassismus

Die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur kritisiert
Stereotype im interreligiösen Gespräch. Dialogveranstaltungen seien
„eine zunehmend frustrierende Erfahrung“, sagte die Kölnerin mit
iranischen Wurzeln dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag-Ausgabe).
Ihre Versuche, ein modernes und plurales Verständnis des Islam zu
vermittelten, scheiterten regelmäßig an der Hartnäckigkeit gängiger
Klischees. „Auf die Dauer kam mir das alles komplett sinnlos vor. Ich
hatte permanent das Gefühl: Du bist hier falsch! Ständig wollen dir
die Leute deine Religion ausreden!“ Amirpur übernahm 2018 den
Lehrstuhl für Islamwissenschaft mit Schwerpunkt iran- und
schia-bezogene Studien an der Universität zu Köln. Zuvor war sie
sieben Jahre lang Professorin für Islamische Studien an der
Universität Hamburg und wurde dort auch Vize-Direktorin der Akademie
der Weltreligionen. Aus „eigenem Erleben“ beklagte sie einen
Alltagsrassismus in Deutschland, der „so häufig und scheinbar so
normal“ sei, dass er ihr manchmal nicht einmal mehr auffalle. „–Sie
sprechen aber gut Deutsch!– Was meinen Sie, wie oft ich diesen Satz
immer noch höre. Mir liegt dann immer ein –Danke, Sie auch!– auf der
Zunge.“ Im Umgang mit dem Islam und den Muslimen in Deutschland
beobachtet Amirpur eine negative Entwicklung. „In letzter Zeit
fallen wir zurück hinter die Standards, die wir glaubten, erreicht zu
haben.“ Als Beispiel nannte sie die Debatte über die Verschleierung
muslimischer Frauen. Das Kopftuch werde ideologisch zu sehr
aufgeladen. In Wahrheit sei es mit Blick auf Frauenrechte und die
Stellung der Frau in der islamischen Welt etwas eher Nachrangiges.
In Deutschland wiederum würden junge Musliminnen als
„Kopftuchmädchen“ vorgeführt und diffamiert. „Das zeigt doch: Da
geht es gar nicht um Frauenrechte, sondern das ist Teil eines
Rassismus-Diskurses“, so Amirpur. Insofern habe
Ex-Fußballnationalspieler Mesut Özil mit seinem Rassismus-Vorwurf
einen „empfindlichen Punkt“ getroffen. „Seit wir in Deutschland
nicht mehr auf –die Türken– zeigen können, weil viele
Türkischstämmige inzwischen eingebürgert sind und ihren deutschen
Pass haben, ist es jetzt eben –der Muslim–, der anders ist. Und der
kann nicht eingebürgert werden.“

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