Neues Deutschland: Zum Tarifabschluss imöffentlichen Dienst

Bundesinnenminister Friedrich sieht mit dem
Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst die »Schmerzgrenze« der
öffentlichen Haushalte erreicht. Die Gegenseite zeigt sich zufrieden,
dass der Anschluss an die allgemeine Lohnentwicklung gewahrt sei.
Rituale. Sicher können die Gewerkschaften von einem Erfolg sprechen.
Sie haben eine spürbare Lohnerhöhung durchgesetzt. Zugleich mussten
sie hinnehmen, dass der gestaffelte Anstieg nicht binnen eines Jahres
erfolgt, sondern über zwei Jahre gestreckt wird. Und tatsächlich
bitter ist es, dass untere Gehaltsgruppen nicht in gleicher Weise wie
obere am ausgehandelten Zuwachs teilhaben – statt der wenigstens
verlangten 200 Euro monatlich erhält der Geringverdiener den
kleinsten, der Besserverdienende den größten Aufschlag. Der
Tarifabschluss ist damit typisch. Spiegel einer zunehmenden Akzeptanz
sozialer Spaltung. Aber auch der überdurchschnittlichen Belastung der
Kommunen, die die Lohnsteigerung jetzt verkraften müssen. Kein
Zweifel, dass dies ein ernstes Problem ist. Die Anbetung des Sparens
als einziges Mittel zur Gesundung öffentlicher Haushalte bringt die
öffentlichen Arbeitgeber aber nur folgerichtig immer wieder an die
Grenzen ihrer finanziellen Handlungsfähigkeit. Dass dies nicht zu
ändern ist, gehört zu den scheinbaren Gewissheiten unserer Zeit. Zu
Unrecht. Ein Perspektivwechsel kann Einsichten befördern. Auch
erzwungenermaßen. Wie der überraschende Druck der Streiks in den
letzten Wochen gezeigt hat.

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