WAZ: Der Streit um die Urne – Kommentar von Wilfried Goebels

Hinterbliebene suchen einen Ort der Trauer, um mit
ihren Verstorbenen verbunden zu bleiben. Friedhöfe helfen, den
Verlust eines Angehörigen in Würde zu verarbeiten. Der breite
Widerstand von Kirchen und Kommunen gegen die privatisierte Urne hat
eben nicht nur finanzielle Gründe, sondern ist auch Ausdruck unserer
Erinnerungskultur.

Fast jede zweite Beisetzung in NRW ist inzwischen eine preiswerte
Urnenbestattung. Weil liberale Nachbarländer den Friedhofszwang
aufgehoben haben, werden auch in Deutschland Stimmen lauter, die das
Bestattungsrecht lockern wollen. Die Kernfrage aber bleibt: Wer will
kontrollieren, ob mit der Urne würdevoll umgegangen wird? Und wer
will verhindern, dass die Totenasche „entsorgt“ wird?

Die Geschäfte mit dem Tod werfen manche Frage auf, ob die hohen
Bestattungskosten in jedem Fall begründet sind. Die private
Aufbewahrung einer Urne aber birgt das Risiko, dass andere
Angehörige, Freunde und Bekannte keinen Ort zum Trauern finden. Der
Tod eines Menschen ist keine rein private Angelegenheit, weil jeder
Verstorbene Teil der Gesellschaft war.

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