Lausitzer Rundschau: Nebentätigkeit von Abgeordneten

Bestechlich war Peer Steinbrück sicher nicht. Eher
schon wird er sich darüber amüsiert haben, dass Banken ihm so viel
dafür zahlten, mal Klartext über ihre Branche zu hören. Was
Steinbrück so verunsichert ist, dass die jetzt ins Rampenlicht
gerückte lange Liste von sehr gut honorierten Reden sein Image als
Anwalt der sozial Schwachen stört, das er als Kanzlerkandidat der
Sozialdemokraten doch bräuchte. Erwischt. Die Koalition rührt
lustvoll herum in dieser Fehlstart-Wunde. Aber die Angriffe von
Schwarz-Gelb sind mindestens genauso heuchlerisch wie Steinbrücks
Verwunderung. Bei Union und Liberalen finden sich mit Abstand die
meisten Parlamentarier mit einer Nebentätigkeit der Stufe 3, mehr als
7000 Euro im Jahr. Und diese drei Parteien waren es auch, die 2005
gegen die Transparenzrichtlinie-Reform stimmten oder sich enthielten.
Obwohl die Reform nicht einmal den gläsernen Abgeordneten schuf,
sondern allenfalls einen, dessen Einkommen man wegen der
Stufenregelung nur wie hinter Milchglas erahnen kann. Auch das war
Union und FDP zu scharf. Allerlei Scheinargumente wurden und werden
gegen eine vollständige Transparenzregelung ins Feld geführt. Allen
voran, dass dann keiner mehr Abgeordneter werden wolle, der noch
einen anständigen Beruf habe. Oder dass Selbstständige das Parlament
meiden würden. Aus diesen Argumenten spricht eine bemerkenswerte
Realitätsferne. Noch sind 7960 Euro Abgeordnetenentschädigung
monatlich für 98 Prozent der Deutschen, übrigens auch für viele
Selbstständige, ein Einkommen, für das sich zu schuften lohnt. Sogar
ohne Nebentätigkeit. Eine Reform war sowieso im Gespräch und sollte
jetzt schnell angegangen werden. Denn was im Moment passiert, dass
sie sich gegenseitig wegen ihrer Einkünfte anschwärzen und anzicken,
ist für das Ansehen des Parlaments das Allerdümmste. Und eigentlich
ist das Problem gar nicht so groß. Wenn man die veröffentliche Liste
jener 142Abgeordneten durchsieht, die überhaupt
Zusatzeinkünfte der Stufe 3 haben, dann sind die meisten davon
Staatssekretäre, Minister oder Parteigeneralsekretäre, haben also
öffentliche Funktionen. Weitere haben ein oder zwei harmlose
Aufsichtsratsmandate oder regelmäßige Nebenverdienste als
Rechtsanwälte oder Selbstständige. Peer Steinbrück ist neben Michael
Glos (CSU) und Heinz Riesenhuber (CDU) schon einer der Spitzenreiter.
Der Bundestag ist überwiegend nicht das Parlament der nimmersatten
Geld- und Jobsammler. Dass sollte er nun endlich auch in seinen
Regeln zeigen.

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