neues deutschland: Kommentar: Zug ohne Schulz

Fünf Tage nach Scheitern der Jamaika-Sondierung
ringt sich die SPD durch, ein Bündnis mit der CDU nicht mehr
auszuschließen. Sei die Einsicht richtig oder falsch, sie gelingt der
Sozialdemokratie nicht, ohne ihren Vorsitzenden Martin Schulz als
verzagten Parteichef zu düpieren, der sich ein Machtwort nicht
zutraut. Das Wort von Schulz kann nicht mehr ernstgenommen werden. Er
hat am Montag im Brustton der Überzeugung auf dem Gang in die
Opposition beharrt und anschließend geduldet, dass die halbe Partei
seine Entscheidung in Frage stellt. Ein Parteichef darf nicht
vorpreschen, wenn ihm der Rückhalt fehlt und er zu mutlos ist, mit
einem »Basta« die Reihen zu schließen. Schulz konnte sich nicht
durchsetzen. Jetzt wälzt er die Verantwortung auf die Parteibasis ab.
Sie wird aller Voraussicht nach für die Große Koalition stimmen.
Damit wäre Schulz gescheitert. Ein Parteichef darf keine
Verhandlungsdelegation anführen, wenn sein Wort in der eigenen Partei
kein Gewicht besitzt. Die SPD muss ihren Chef entlassen, falls es zur
Sondierung kommt. Schulz wird Angela Merkel nicht die Stirn bieten
können. Dabei sucht die Kanzlerin verzweifelt einen Koalitionspartner
– für einen starken SPD-Chef wäre das eine Chance, der Regierung
seinen Stempel aufzudrücken. Martin Schulz war ein guter
EU-Parlamentspräsident, aber er ist ein lausiger SPD-Chef. Er trottet
seiner Partei mit hängenden Schultern hinterher. Es ist Zeit für
seinen Rücktritt.

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