neues deutschland: Kommentar zur Krise in Syrien: Eine Frage der Vernunft

Es gibt sie, die Stimmen der Vernunft im Fall
Syrien. Und sie nehmen gerade im bürgerlich-konservativen Lager zu.
Immer mehr rückt ins Bewusstsein, dass verantwortungslose politische
Kraftmeierei eines zu Hause in Bedrängnis geratenen Präsidenten einen
vielleicht nicht mehr beherrschbaren Konflikt zu entfesseln droht.
Auch weil die Erkenntnis wächst, dass es bei dem aktuellen, bis jetzt
rein verbalen Kräftemessen kaum noch um Syrien geht – wenn es jemals
zuerst darum ging. Trumps überdeutliche antirussische Note lässt da
wenig Zweifel.

Mag sein, dass ihm das einige der NATO-Falken sogar verübeln,
zeigt es doch die Scheinheiligkeit der Behauptung, die Menschenrechte
in Syrien mittels Raketen zu verteidigen. Die Befürworter einer
Politik des Interessenausgleichs hat es gewiss gestärkt.

Bei der Bundesregierung scheint diese Botschaft allerdings
unwillkommen zu sein. Genügt es ihr nicht als Alarmzeichen, dass
Trump die Beziehungen zu Moskau ohne einen Anflug des Bedauerns als
»schlimmer als zur Zeit des Kalten Krieges« bezeichnet hat? Worauf
warten Merkel und Maas, als Repräsentanten einer EU-Führungsmacht
auch im ganz eigenen Interesse zur Mäßigung aufzurufen? Die Äußerung
des Außenministers, »wenn man den Druck auf Russland aufrecht
erhalten will, dann können die westlichen Partner jetzt nicht
auseinander laufen«, lässt eher darauf schließen, dass man sich dem
Abenteurerkurs Trumps zu beugen gedenkt.

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