neues deutschland: Kranke Arbeit

Arbeit macht krank. Nicht immer, aber immer öfter.
Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Verschleiß durch schwere
körperliche Tätigkeiten oder spezielle Berufskrankheiten wie etwa die
Staublunge im Steinkohlebergbau. Vielmehr führt das, was Unternehmer
gerne als »Produktivitätssteigerung« und »Flexibilisierung« abfeiern,
für immer mehr Menschen quer durch alle Branchen zu Angst- und
Stresszuständen, die bei entsprechender Intensität in manifeste
psychische Erkrankungen münden können. Schon lange haben nicht nur
Gewerkschaften und Arbeitsmediziner vor dieser dramatischen
Entwicklung gewarnt. Doch erst jetzt, da die Zahl der durch
Psychostress bedingten Fehltage und Frühverrentungen regelrecht in
die Höhe schießt und nennenswerte ökonomische Schäden verursacht,
sind Unternehmerverbände und Bundesregierung bereit, einige
stressfördernde Auswüchse in der Arbeitswelt einzudämmen.
Entsprechende Reformen des Arbeitsschutzrechtes und bessere
Kontrollen seiner Einhaltung sind richtige Schritte, die – falls sie
konsequent umgesetzt werden – vielen Betroffenen helfen können.
Dennoch bleibt es ein Herumdoktern an Symptomen. Solange prekäre
Arbeitsverhältnisse und Armutslöhne als »Wachstumsfaktoren« gelten
und weiter um sich greifen, werden angst- und stressbedingte
Erkrankungen weiter zunehmen. Anders gesagt: Nicht Arbeit macht
krank, sondern die Deregulierung der Arbeitsverhältnisse.

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