neues deutschland: Ohrfeige für die spanische Justiz: Zur Freilassung von Carles Puigdemont

Es ist eine schallende Ohrfeige für die spanische
Justiz. Das Oberlandesgericht Schleswig hält den von Spaniens Richter
Pablo Llarena erhobenen zentralen Vorwurf der Rebellion gegen Carles
Puigdemont für gegenstandslos: Der in Betracht kommende
Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt, weil es an dem
Merkmal der »Gewalt« fehle. Damit ist der spanische Plan durchkreuzt,
mit dem Strafrecht ein politisches Problem ad acta legen zu wollen –
auch im Falle einer Auslieferung des ehemaligen katalanischen
Präsidenten wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von öffentlichen
Geldern für ein nach spanischem Recht illegales einseitiges
Unabhängigkeitsreferendum.

Öffentlich verweist die rechte spanische Regierung unter Mariano
Rajoy auf die Unabhängigkeit der Justiz, die es auch in Deutschland
zu respektieren gelte. Die Enttäuschung darüber, dass sich die
deutsche Justiz nicht als willfähriger Helfer erwiesen hat, kann sie
indes kaum verbergen. Mit ihrer Rechtsauffassung steht Spaniens
Regierung und Justiz in der Europäischen Union offenbar auf
verlorenem Posten – ob in Deutschland oder Belgien. Indes sitzen
wegen des Vorwurfs der Rebellion in Spanien seit Monaten mehrere
katalanische Politiker in Untersuchungshaft. Madrid wäre klug
beraten, dem Oberlandesgericht Schleswig zu folgen, diese Politiker
unter Auflagen freizulassen und auf Dialog anstelle des Strafrechts
zu setzen. Die Erfahrung lehrt indes: Madrid neigt zu
Beratungsresistenz.

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