»Arbeitslos und Spaß dabei« – so lautet der
inzwischen fast zum geflügelten Wort gewordene Titel eines Liedes von
Vicki Vomit. Sucht man jedoch per Internetsuchmaschine nach der
Wortkombination »wohnungslos und Spaß dabei«, findet sich einzig ein
Text über »digitale Nomaden«, die jeglichen weltlichen Ballast
freiwillig über Bord geworfen haben, um überall in der Welt aus dem
Koffer zu leben. Diese Situation dürfte für die meisten der fast
300 000 Wohnungslosen in Deutschland kaum nachvollziehbar sein:
Sie kämpfen mit existenziellen Problemen, die sie und ihre Familien
zu einem Leben am Rande der Gesellschaft drängen – einem Leben ohne
eigenes Zuhause. In dieser Lage befinden sich immer mehr Menschen,
wie eine aktuelle Studie zeigt: Horrende Mietsteigerungen in den
Großstädten, der quasi zum Erliegen gekommene soziale Wohnungsbau und
Löhne, die vielen Menschen kaum noch zum Überleben reichen, fordern
eben auf Dauer ihren Tribut. Politische Konsequenzen? Fehlanzeige.
Die Regierungsparteien haben das Problem entweder nicht erkannt oder
in bewährter Manier in vage Wahlkampfversprechen verlagert. Nicht
einmal eine bundesweite Wohnungsnotfallstatistik wurde eingeführt –
vielleicht weil sich konkrete Zahlen schlechter wegschweigen lassen?
Sehr unwahrscheinlich ist jedenfalls, dass Wohnungs- und Obdachlose
plötzlich den Spaß an ihrer Lage entdecken – und damit der Politik
die einzige Ausrede liefern, die ihr gestatten würde, dringende
sozialpolitische Maßnahmen weiter hinauszuzögern.
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