NRZ: Brisante Fehlentwicklung – Kommentar zur Steuerbelastung von Christian Kerl

Die Warnung vor einer Überlastung Deutschlands bei
den milliardenteuren Versuchen zur Euro-Rettung ist nicht neu. Doch
die Zahlen, mit denen der Bund der Steuerzahler jetzt seine Sorgen
untermauert, belegen eine riskante Fehlentwicklung: Dass erstens die
Belastung der privaten Haushalte durch Steuern und Sozialabgaben
wieder auf internationales Spitzenniveau steigt, ist bedenklich. Dass
zweitens ausgerechnet jene Euro-Staaten, die im Krisenstatus auf
Hilfen vor allem Deutschlands hoffen, ihre Bürger deutlich weniger
zur Kasse bitten, ist auf Dauer kaum akzeptabel. Gewiss, mit dem Geld
finanzieren die Bürger hierzulande auch ein gut funktionierendes
Staatswesen und Sozialsystem. Aber wenn Bund und Länder trotz stetig
steigender Steuereinnahmen weiter hohe Schulden machen, stimmt etwas
nicht. Parallel werden in den Sozialkassen auch deshalb
Milliardenüberschüsse angehäuft, statt die Beitragszahler zu
entlasten, weil die Kassenschätze rechnerisch das Staatsdefizit
senken. Nachhaltig ist eine solche Politik nicht, gerecht auch nicht.
Vor allem: Was passiert, wenn Deutschland demnächst doch mit größeren
Summen für die Euro-Rettungszusagen in Haftung genommen wird? Die
Belastungsfähigkeit der Steuerzahler stößt an Grenzen – die
Bereitschaft erst recht, wenn die Euro-Krisenstaaten ihre Bürger
bislang deutlich weniger zur Kasse bitten. Es gibt trotz allem gute
Argumente für die Euro-Hilfen. Aber die Bundesregierung muss den
Menschen ehrlich sagen, was sie tut. Und sie muss tun, was sie sagt.

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