Schwäbische Zeitung: Größe ist nicht alles – Leitartikel zum Thema Millionenhilfen für Bauern

Wieder hat es in Brüssel milchpolitischen
Aktivismus gegeben – so wie es auf europäischer Ebene seit
Jahrzehnten geschieht. Letztlich sollte damit auch immer den Bauern
geholfen werden, wie jetzt mit den 500 Millionen Euro zur Abfederung
des Preisverfalls bei der Milch. Der Erfolg war jedoch stets
bescheiden. So ist die jetzige Preiskrise längst nicht die erste.
Erneut sind jedoch bäuerliche Existenzen bedroht.

Würde man wirtschaftsliberal argumentieren, wäre der Schluss
folgender: Wer sich nicht am Markt halten kann, muss weichen. Zumal
sich der Milchmarkt ohne teure staatliche Eingriffe durchaus selbst
regulieren könne. Die Folgen einer solchen Strategie sind absehbar:
Jeder Milchbauer, der sich nicht zufälligerweise in einer regionalen
Nische eingerichtet hat, wäre direkt dem harten globalen Wettbewerb
ausgesetzt. Ein Hof mit 25 Kühen im Allgäu stünde in letzter
Konsequenz gegen ein 110000-Kühe-Unternehmen in Neuseeland.

Die kleinräumig geprägte Landwirtschaft, wie sie in Süddeutschland
noch weit verbreitet ist, würde dadurch weitgehend hinweggefegt. Das
betrifft letztlich uns alle, denn kleine Höfe haben in der Region
eine lange Tradition und prägen die schwäbisch-alemannischen,
fränkischen und bayerischen Landschaften. Heutzutage kommt noch etwas
anderes dazu – ein heißes Thema, nämlich die Art der Viehhaltung.

Es ist zwar nicht automatisch gesagt, dass es eine Kuh im kleinen
Stall automatisch besser hat als im großen. Aber eine weitere Zunahme
der Massentierhaltung auf ausufernden Höfen dürfte kaum der Weisheit
letzter Schluss sein. Größe zählt jedoch im freien Wettbewerb. Wollen
wir sie aber in unserer Landwirtschaft überhaupt haben? Schließlich
geht es nicht um die Produktion von Industriewaren. In der Gegenwart
gehört zum Bauerntum auch Landschafts- und Tierschutz. Das kostet.

Und deshalb brauchen jene Bauern, die sich dafür einbringen, mehr
direkte Hilfe als bisher. Der milchpolitische Aktivismus droht
dagegen einmal mehr zur Milchmädchen-Rechnung zu verkommen.

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