Schwäbische Zeitung: Kommentar zu grün-roter Regierung – Versetzung gefährdet

Durchwachsen nennt der baden-württembergische
Arbeitgeberchef Dieter Hundt seine Halbzeitbilanz der grün-roten
Landesregierung. Diese kommt, der Bundestagswahl geschuldet, ein
wenig zu früh. Im Kern aber liegt die Bestandsaufnahme in Moll nicht
daneben. Die Regierung Kretschmann schleppt viel auch in den eigenen
Reihen entstandenen Ballast mit in die zweite Hälfte ihrer Amtszeit.
Der Glanz des neuen Politikstils, begleitet von großem Reformeifer,
hat unter den Mühen des Alltagsgeschäfts gelitten. Die Versetzung in
eine weitere Legislaturperiode ist gefährdet.

Eine Zeit lang darf jede neue Regierung Fehler der Vorgänger
anprangern – erst recht nach einem so dramatischen Regierungswechsel
wie in Baden-Württemberg. Ein Begriff wie jener von der Erblast, wenn
es um die Haushaltskonsolidierung geht, sollte allmählich aber aus
dem Wörterbuch von Grün-Rot verschwinden. Der Blick muss sich nach
vorne richten. Die Bürgerschaft hat im Herbst einen Anspruch auf
Klarheit darüber, wie sich die Einsparmaßnahmen auf die Lage im Land
auswirken werden.

Richtig ist auch, dass die CDU vor dem Hintergrund des Wegbrechens
der Schülerzahlen konzeptionell wenig angestoßen hat. Sogar die
Arbeitnehmer befinden sich in den Grundzügen der Bildungspolitik
deshalb näher an Grün-Rot als an Schwarz-Gelb. Aber die Masse der
Reformen und Änderungen, verbunden mit massiven Personaleinsparungen,
schafft Verunsicherung. Das regionale Schulentwicklungskonzept hätte
vor dem Einstieg in neue Schulformen kommen müssen.

Es stimmt aber nicht, dass Grün-Rot Baden-Württemberg schon an die
Wand gefahren hat oder fahren wird. Der Mitteleinsatz muss unter den
Vorgaben der Schuldenbremse besser gesteuert und begründet werden.
Eine gute, besser aufeinander abgestimmte Regierungsriege, kann das
auch leisten. Noch erliegt zudem die Opposition zu häufig der
Versuchung, vor allem rückwärtsgewandt zu argumentieren. Auch wer
zurück zur Macht will, darf und muss mehr liefern.

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