Nach der Protestwelle von Eltern, Lehrern und
Kommunen gerät der Zeitplan in NRW für den Rechtsanspruch auf den
gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Schülern
in Verzug. Nach Angaben des NRW-Schulministeriums soll das Gesetz für
die schrittweise Inklusion erst zum Schuljahr 2014/15 umgesetzt
werden. Dies berichten die Zeitungen der WAZ-Mediengruppe
(Freitagsausgabe) Ursprünglich sollte der Rechtsanspruch bereits
2013/2014 gelten. Bei den Betroffenen herrsche „Chaos, Verwirrung und
Unsicherheit“, kritisierte CDU-Schulexperte Klaus Kaiser.
Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) musste Pläne, den
Gesetzentwurf noch im Dezember 2012 im Landtag einzubringen, auf das
Frühjahr 2013 verschieben. Angesichts massiver Widerstände sollen
zunächst kritische Stellungnahmen der Verbände ausgewertet werden.
Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) betonte gestern bei der
Einsetzung des neuen NRW-Inklusionsbeirats, es gelte „Sorgfalt vor
Schnelligkeit“. Lehrerverbände hatten kritisiert, dass die
allgemeinen Schulen nicht darauf vorbereitet seien, viel mehr geistig
und körperlich behinderte Kinder zu unterrichten. VBE-Landeschef Udo
Beckmann sieht einen Bedarf für Tausende zusätzliche Sonderpädagogen.
„So werden wir den Kindern nicht gerecht“, klagte Beckmann. Die
kommunalen Spitzenverbände drohten mit Klagen, falls sich das Land
nicht stärker an den Kosten der Infrastruktur für die Inklusion
beteiligt. Proteste gibt es auch von Eltern, die das Aus für
zahlreiche der bisher 778 Förderschulen in NRW fürchten. Der
Elternverband „Gemeinsam Lernen, Gemeinsam Leben“ kritisierte
hingegen, dass der gemeinsame Unterricht zunächst nur in
„Vorreiterschulen“ der Klassen 1 und 5 starten soll.
Schulministerin Löhrmann hatte eingeräumt, dass sich die Inklusion
„nicht auf Knopfdruck verwirklichen“ lasse. Eltern behinderter Kinder
sollen künftig die Wahlfreiheit zwischen einer allgemeinen Schule und
einer Förderschule haben. Bildungsexperten halten allerdings auf
Dauer zwei parallele Schulsysteme für kaum finanzierbar.
Lehrerverbände fordern, dass die heutige Qualität der
sonderpädagogischen Förderung gesichert bleiben müsse.
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