WAZ: Teure Tarifflucht – Kommentar von Wilfried Goebels zur Tarifbindung

Der Flächentarif bröckelt – mit dem Risiko, dass der
soziale Kitt zwischen Betrieben und ihren Mitarbeitern schwindet.
Wenn in den letzten 20 Jahren der Anteil der Unternehmen, die nach
Tarif zahlen, von 60 auf 35 Prozent gesunken ist, lässt das
aufhorchen.

Gewerkschaften wie Arbeitgeberverbände haben in der Vergangenheit
bewiesen, dass sie ihr Verhandlungsmandat verantwortungsvoll
einsetzen. Beispiel: In der Metallindustrie regelt das „Pforzheimer
Abkommen“ Ausnahmen für kriselnde Firmen, die einen Tarifabschluss
aus wirtschaftlichen Gründen nicht mittragen können.

Unter dem wachsenden Kosten- druck wollen sich viele Firmen der
Kollektivverträge entledigen. Das mag in Einzelfällen wie bei den
üppigen Privilegien der Lufthansa nachvollziehbar sein.

In „normalen“ Unternehmen sollten die Chefs mit Blick auf den
Fachkräftemangel aber nicht vorschnell aus der Tarifbindung
ausscheren. Wer gutes Personal benötigt, muss bei Löhnen und
Arbeitsbedingungen partnerschaftlich mit der Belegschaft umgehen. Das
dient am Ende beiden Seiten.

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