Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Unwort des Jahres

Gestern wurde das 27. »Unwort des Jahres«
verkündet. Erinnern Sie sich noch an eines? An das von 2011
vielleicht? Döner-Morde. Geprägt im denunziatorischen Umgang mit
Migranten, die Rassisten zum Opfer fielen. Eine böse Entgleisung
mancher Medien und der Behörden – aber sprachbewusster ist die
Öffentlichkeit sicher nicht geworden seit 1991. Andernfalls bräuchte
es ja nicht die alljährliche Wiederkehr des Gleichen. Was lehrt uns
das »Unwort«? Wenig. Nicht nur fehlt der professoralen Verkündung
jeder Impuls zur Diskussion. Schlimmer: Die Jury will uns glauben
machen, gesellschaftliche Probleme ließen sich lösen, wenn der Bürger
nur seine Worte mit Bedacht wähle. Wie naiv kann man sein?
Sprachpflege, die sich in der Kritik einzelner Wörter erschöpft,
blendet die Zusammenhänge aus. Ohne deren Kenntnis aber wird keine
Begriffsprägung verständlich. Und so dürfen wir jedes Jahr einem
sinnentleerten Ritual beiwohnen.

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Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
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