neues deutschland: Kommentar zu den anstehenden Sondierungsgesprächen zwischen SPD und Union: Merkels Schweigen

Vor den Sondierungsgesprächen überlässt Angela
Merkel der CSU das Feld. Während die bayerischen Konservativen eine
Maximalforderung nach der anderen erheben, schweigt die Kanzlerin.
Für sie muss das nicht schlecht sein. Denn Merkel hält sich somit die
Möglichkeit offen, während der Verhandlung als Mittlerin zwischen CSU
und SPD aufzutreten.

Diese Rolle dürfte sie beherrschen. In der vergangenen Legislatur
hatte Merkel viele Kompromisse durchgesetzt, die eher den Interessen
von Immobilienbesitzern und Unternehmern, welche die Union wählen,
als denen der Sozialdemokraten entsprachen. Für Mieter und Menschen,
die niedrige Einkommen beziehen, wurden Gesetze erlassen, die auf den
ersten Blick fortschrittlich klangen, aber letztlich an der prekären
Situation zahlreicher Menschen nichts geändert haben. Zudem entpuppte
sich die SPD nach einigen Widerworten als verlässliche Partnerin, als
das Asylrecht und Überwachungsmaßnahmen verschärft wurden.

Doch es gibt viele Unwägbarkeiten. Die SPD steht vor der
Entscheidung, ob sie in einem erneuten schwarz-roten Bündnis
dahinsiechen oder wenig erfolgsversprechende Neuwahlen in Kauf nehmen
soll. Auch die CSU bleibt ein Unsicherheitsfaktor. Es ist nicht
ausgeschlossen, dass sie den Bogen überspannt. Denn die
Regierungsbildung im Bund steht für die CSU nicht an erster Stelle.
Weitaus wichtiger scheint der Ähnlichkeitswettbewerb mit der AfD vor
der bayerischen Landtagswahl im Herbst zu sein.

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