Es ist was faul in unserem System – das belegt der rekordverdächtig hohe Krankenstand in Deutschland. Krankenkassen und Arbeitgeber berichten von einem Höchstwert an Fehltagen: Auf 100 erwerbstätige AOK-Versicherte kamen im vergangenen Jahr 225 Krankmeldungen – Tendenz steigend. Zeigt sich auch hier, dass wir der „kranke Mann“ Europas sind, der gerne bemüht wird, wenn es um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes geht? Zumindest gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Krankenstand und Produktivität, denn die vielen Fehltage belasten zunehmend auch die Unternehmen, wie Arbeitgeber immer wieder beklagen.
Warum also nicht damit beginnen, unsere Art, mit Krankschreibungen umzugehen, neu zu denken – wie es im übrigen auch die skandinavischen Länder tun? Ärztepräsident Reinhardt hat doch recht: Warum soll der, den einen „Bagatelleffekt“ plagt, aber nicht umhaut, in Berufen, wo es möglich ist, nicht – ärztlich verordnet – ins Homeoffice wechseln und stundenweise seiner Arbeit nachgehen?
Das bisherige System stammt aus einer Zeit, als es die digitale Arbeitswelt und die Möglichkeiten, die das Homeoffice bietet, noch nicht gab. Dementsprechend starr und unflexibel sind die Regeln – wie auch die Dauerdebatte darüber zeigt, wie wir es schaffen, Ältere im Arbeitsleben zu halten. Dass sich der DGB sofort totalverweigert, zeugt davon, dass die Zeichen der Zeit nicht erkannt werden. Es geht eben nicht darum, kranke Menschen zur Arbeit zu „zwingen“, sondern veränderten Lebensrealitäten Rechnung zu tragen. So kam es schließlich zu Corona-Zeiten auch zur Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung.
Eines allerdings muss auch der Ärztepräsident wissen: Letztlich liegt es immer am Arzt, verantwortungsvoll mit den gelben Zetteln umzugehen. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung darf nur ausgestellt werden, wenn der Patient wirklich arbeitsunfähig ist, und nicht nur ein bisschen krank. / Bernd Loskant
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