WAZ: Keine Scherze mit der Geldwäsche – Kommentar von Dietmar Seher

Der Standesbeamte, der morgens das Ja-Wort von Mann
und Frau absegnet und mittags das Geschäft der Cosa Nostra enttarnt?
Die Politesse, die Knast statt Knöllchen verteilt? Solche
Staatsdiener müssten erst noch angeheuert werden. Am besten, das
passiert nicht. Denn es ist nicht nur zu früh für Aprilscherze. Die
Sache ist zu ernst. Erst zwingt die EU Deutschland nach dreimaliger
Aufforderung, die Gesetze im Kampf gegen die Geldwäsche zu
verschärfen. Kaum ist der Vollzug sicherzustellen, geben Bund und
Länder den Job schnell der Parkraumüberwachung, den
Lebensmittelkontrolleuren oder den Standesämtern. So ein Signal kann
doch gar nicht anders verstanden werden als: Wir halten das für
Nebensache! Was ist das für eine (t)rotzige Arroganz? Deutschland
steht im Ruf eines Geldwäsche-Paradieses. Weltweit operierende
Kriminelle, die ihr illegal erwirtschaftetes Vermögen sicher in den
legalen Geldkreislauf bringen möchten, können das hier tun. Denn
keiner hat bisher genau hingeschaut. In Sachen Geldwäsche sind wir so
locker wie die Schweiz bei der Steuerhinterziehung. Der Staat muss
jetzt in sich gehen. Notfalls muss eine eigene Truppe für die
Überwachung der Betriebe her – wie die des Zolls bei der Bekämpfung
der Schwarzarbeit. Die „Finanzkontrolle“ ist ein gutes Vorbild.

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