Allg. Zeitung Mainz: Ums Ganze / Kommentar von Reinhard Breidenbach zur Kopftuchdebatte

Seit eineinhalb Jahrzehnten schwelt in Deutschland
ein erbitterter Streit um etwas, das mit dem Begriff „Kopftuchverbot“
nur unvollständig umschrieben ist. Es geht ums Ganze, um Religion,
Toleranz, Weltanschauung, Kulturen. Gesucht wird Religionsfrieden.
Dass der leider nicht in Sicht ist – das kann, um ein provokantes,
deshalb aber noch lange nicht falsches Urteil zu wagen, nicht in
erster Linie deutschen Bürgern angelastet werden, die sich durch
vollverschleierte Frauen im öffentlichen Raum oder Kopftuch tragende
Lehrerinnen irritiert bis provoziert fühlen. Toleranz und
Weltoffenheit (oder zumindest das Verständnis für selbige) kann dem
Deutschland der vergangenen 30 Jahre niemand absprechen; an diesem
Faktum ändern Neonazi-Umtriebe in diesem Land, wenngleich sehr
bitter, nichts. Toleranz aber kann niemals Einbahnstraße sein.
Deshalb darf es hierzulande weder Parallelgesellschaften noch einen
Herrschaftsanspruch der Scharia geben. Was Kopftücher angeht: Höchste
deutsche und europäische Gerichte setzen der Möglichkeit,
Kopftuchverbote auszusprechen, überaus enge Grenzen. Solche Urteile
sind bindend. Ob sie die richtigen Maßstäbe für gegenseitige Toleranz
setzen, erscheint gleichwohl zweifelhaft. Nun gibt es eine besondere
Frage: Darf Mädchen unter 14, Kindern, ein Kopftuch aufgezwungen
werden? Nein, um Himmels Willen. Deshalb ist ein Kopftuchverbot für
muslimische Mädchen, wie in NRW erwogen, ein richtiger Ansatz.
Staatliche Verbote sind stets heikel. Aber für einen selbstbewussten
Staat darf es andererseits auch nicht verboten sein, etwas zu
verbieten.

Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Danielle Schwarz
Newsmanager
Telefon: 06131/485980
online@vrm.de

Original-Content von: Allgemeine Zeitung Mainz, übermittelt durch news aktuell