Badische Neueste Nachrichten: Unruhige Zeiten

Es war die Erhöhung der Fahrpreise für den
öffentlichen Nahverkehr, der in Brasilien das Fass zum Überlaufen
brachte. Während riesige Geldbeträge in die Vorbereitung der
Fußball-Weltmeisterschaft und der Olympischen Spiele gepumpt werden,
fehlt es in den Metropolen an Geld für Schulen und Krankenhäuser. Die
Infrastruktur liegt danieder, aber für neue Stadien ist nichts teuer
genug. Es sind die Sprösslinge dieser Mittelschicht-Eltern, die in
der Hauptsache den Protest in die Straßen von São Paulo, Bahia und
Rio de Janeiro tragen. Ausgerechnet während des Confed-Cups, der als
Generalprobe für die Fußball-WM gilt, rührt sich der Massenprotest
gegen die von oben verordnete Politik. Es ist die Mittelschicht, die
angesichts immer noch schmaler Gehälter und einer auf sechs Prozent
gestiegenen Inflation Alarm schlägt. Lange Zeit galt Brasilien als
Wachstumsmotor auf dem südamerikanischen Kontinent. Rohstofffunde vor
der Küste sorgten für strahlende Augen bei den Wirtschaftsbossen.
Doch inzwischen ziehen dunkle Gewitterwolken über der Wirtschaft auf.
Zu Beginn des Winters auf der Südhalbkugel beginnt eine Art
Tropischer Frühling im Riesenland zwischen Amazonas und Copacabana.
Für Präsidentin Rousseff kommen die Demonstrationen zur Unzeit. Im
kommenden Jahr will sie sich zur Wiederwahl stellen. Der Einsatz der
Nationalgarde soll zumindest rund um die Austragungsstätten des
Confederation-Cups für Ruhe sorgen, dazu kommen erste Zugeständnisse
an die Demonstranten. Längst geht es aber nicht mehr nur um die
Fahrpreiserhöhungen und rasant steigende Lebensmittelpreise, es geht
den Demonstranten um den künftigen politischen Weg Brasiliens.
Anstatt Milliarden in Prestigeprojekte zu stecken, fordern sie mehr
Geld für die Befriedigung der Grundbedürfnisse.

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Klaus Gaßner
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