Berliner Ausländerbehörde ignoriert Hinweise und ermöglicht jahrelangen Betrug

Sperrfrist: 29.05.2018 06:00
Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der
Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist.

Die Berliner Ausländerbehörde soll trotz interner Hinweise ihrer
Mitarbeiter Urkundenfälschung und Betrug mit sogenannten
EU-Aufenthaltskarten für Nigerianer jahrelang ermöglicht haben. Das
ergaben Recherchen des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb).

Ein erheblicher Teil der in Berlin gemeldeten nigerianischen
Staatsbürger soll sich somit den Aufenthaltsstatus illegal
erschlichen haben. Mithilfe gefälschter Dokumente und fingierter Ehen
soll eine sechsköpfige Bande mehr als 200 Nigerianern eine so
genannte EU-Aufenthaltskarte besorgt haben. Sie bescheinigt ihnen das
Recht auf Einreise und Aufenthalt. Zurzeit sind über zweieinhalb
Tausend Nigerianer offiziell in Berlin gemeldet.

Mehrmals sollen Mitarbeiter der Behörde ihre Vorgesetzten auf
Unstimmigkeiten bei den Anträgen und der Vergabe von
Aufenthaltstiteln hingewiesen haben. Ihre Mahnungen blieben nach
rbb-Recherchen aber offenbar ohne Folgen.

Die inzwischen vor dem Berliner Landgericht angeklagte Bande
wandte immer wieder den gleichen Trick an: Ein angeblich
portugiesisch-nigerianisches Ehepaar erscheint in der Berliner
Ausländerbehörde und beantragt eine „Aufenthaltskarte für
Familienangehörige von Bürgern der EU“, eine so gennannte
„EU-Aufenthaltskarte“. Sie bescheinigt dem Nigerianer das Recht auf
Einreise und Aufenthalt in Deutschland.

Doch die dazu nötigen und vorgelegten Unterlagen sind allesamt
gefälscht. Die Eheurkunden wurden meistens zuvor in Nigeria
gefälscht. Die deutschen Arbeitsverträge und Lohnbescheinigungen der
portugiesischen „Ehefrau“ wurden von einer ehemaligen
Bordellbesitzerin in Berlin angefertigt. Für den Termin in der
Ausländerbehörde am Friedrich-Krause-Ufer wird die – in der Regel aus
dem Drogenmilieu stammende – Portugiesin nach Berlin eingeflogen.
Auch eine Berliner Rechtsanwältin ist involviert. Sie meldet zuvor
die Portugiesin beim Bürgeramt an, ohne dass diese selbst anwesend
ist. Hinter diesem raffinierten Vorgehen steht eine weltweit
agierende, kriminelle Bande.

In der Berliner Ausländer Behörde spielt sich in der Zeit zwischen
Januar 2015 und September 2017 dieses Szenario rund 200 Mal ab, oft
mehrmals in einer Woche. Die Anträge der vorwiegend
portugiesisch-nigerianischen „Eheleute“ werden dabei meistens
bewilligt. Mitunter war es offenbar sieben Mal ein und dieselbe
Portugiesin, die jeweils unter anderem Namen einen Antrag für ihren
nigerianischen Ehemann gestellt haben soll.

Dabei ist die Häufigkeit dieser Fälle einigen Mitarbeitern der
Berliner Ausländerbehörde sehr wohl aufgefallen. Ein Mitarbeiter der
beteiligten Behörden sagte dem rbb: „Intern gab es Hinweise. Der
Verdacht, dass bei diesen Anträgen etwas nicht stimmen kann, wurde
mehrmals geäußert und auch an Vorgesetzte weitergeleitet. Passiert
ist aber nichts. Trotz der Mahnungen“. Die Zweifel und Bedenken
einiger Mitarbeiter blieben in der Berliner Ausländerbehörde also
offenbar ohne jegliche Folgen.

Auf rbb-Anfrage erklärt die zuständige Senatsverwaltung für
Inneres, die Ausländerbehörde habe unmittelbar nach Bekanntwerden der
Vorgänge reagiert und Anträge von nigerianischen Staatsbürgern
besonders intensiv geprüft.

Pressekontakt:
Rundfunk Berlin-Brandenburg
Chef / Chefin vom Dienst
Tel.: 030 – 97993 – 37400
Mail: info@inforadio.de

Original-Content von: Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), übermittelt durch news aktuell