neues deutschland: Bundesregierung kennt Zahl der unbesetzten Azubi-Stellen in der Pflege nicht

Die Bundesregierung hat keine Informationen
darüber, wie viele Ausbildungsplätze in der Pflege zur Verfügung
stehen. Dies geht aus einer Antwort des Bundesfamilienministeriums
auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die »neues deutschland«
vorliegt. Demnach zählte man im Jahrgang 2016/17 bundesweit fast
140.000 Azubis in der Alten-, Kranken- und Kinderpflege. Doch auf die
Frage des Bundestagsabgeordneten und LINKEN-Vorsitzenden Bernd
Riexinger, wie viele Azubi-Stellen für Pflegeberufe in den letzten
fünf Jahren unbesetzt geblieben sind, muss das Ministerium einräumen,
dass „keine Daten zu unbesetzten Ausbildungsstellen in der Pflege“
vorliegen. Bernd Riexinger zeigte sich am Freitag verwundert über
diese Wissenslücke: »Schließlich ist es eine der zentralen Fragen des
Pflegenotstandes, wie mehr Menschen in Pflegeberufe kommen.« Es
entstehe der Eindruck, so der LINKEN-Vorsitzende, »dass die
Bundesregierung es lieber nicht so genau wissen will.«

Christine Vogler, Vize-Präsidentin des Deutschen Pflegerates,
sprach gegenüber der in Berlin erscheinenden Tageszeitung »neues
deutschland« (Samstagsausgabe) von einem »großen Manko«, dass die
Regierung hier keinen Überblick habe. »Es nutzt mir nichts zu wissen,
wie viele Azubis eine Ausbildung begonnen haben. Ich muss stattdessen
wissen, wie viele sie beenden«, so Vogler. Denn die Abbrecherquote in
der Pflegeausbildung sei »sehr hoch«. Vogler schätzt sie auf 20 bis
40 Prozent. Dass zudem viele Pflegekräfte später den Beruf
wechselten, weil die Belastungen zu groß seien, verschärfe die Lage
zusätzlich. »Wir steuern da auf eine Katastrophe zu«, warnt Vogler,
die eine Gesundheits- und Krankenpflegeschule in Berlin-Wannsee
leitet. Sie vermisst »ein Gesamtkonzept für die Zukunft der Pflege in
Deutschland«. Wie schlecht die Planungen laufen, zeige auch der
Umstand, »dass man zwar mehr Pflegekräfte ausbilden will, aber sich
nicht darum kümmert, dass es auch genug Ausbilder gibt«. In der
Krankenhauspflege etwa würden Ausbilder nicht einmal extra bezahlt.
»Das läuft quasi ehrenamtlich«, kritisierte Vogler.

Wie »neues deutschland« auf Nachfrage beim
Bundesfamilienministerium erfuhr, sind die Azubi-Zahlen hier
rückläufig. Gab es in der Gesundheits- und Krankenpflege im Jahrgang
2012/13 noch 70.082 Auszubildende, waren es 2016/17 nur noch 64.258 –
ein Minus von fast 6000. Zwar nahm die Zahl der Azubis in der
Altenpflege im gleichen Zeitraum um 10.000 zu, doch angesichts der
hohen Fluktuation fällt dieses Plus viel zu mager aus. Der Deutsche
Pflegerat warnt davor, dass bis 2030 rund 400.000 »professionell
Pflegende fehlen werden«.

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