NOZ: Caritas-Präsident warnt in Flüchtlingsdebatte vor falschen Fakten

Caritas-Präsident warnt in Flüchtlingsdebatte
vor falschen Fakten

„Dass alle nach Deutschland wollen, ist Humbug“ – Neher kritisiert
Ankerzentren für bis zu 1500 Menschen

Osnabrück. Caritas-Präsident Peter Neher warnt davor, sich in der
aktuellen Flüchtlingsdebatte von falschen Annahmen und angeblichen
Fakten leiten zu lassen. „Wir tun immer so, als ob alle nach
Deutschland wollten, dabei ist das Humbug. Es ist nur ein relativ
kleiner Teil“, sagte Neher in einem Interview mit der „Neuen
Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). Nach wie vor seien „die allermeisten
Flüchtlinge Binnenvertriebene in den Ländern, wo Krieg herrscht oder
sich Naturkatastrophen ereignen, oder sie halten sich in direkter
Nachbarschaft auf“, sagte Neher.

Noch im März sei er selbst in Syrien vor Ort gewesen. „Ich habe
die zerstörten Städte gesehen und die Bemühungen, die
Binnenflüchtlinge unterzubringen, zum Beispiel in Schulgebäuden. Auch
dass manche Schulklassen dort 80 Schüler haben, ist eine Folge
davon.“

Neher warnte auch vor Abschiebungen in unsichere Länder wie
Afghanistan und kritisierte in diesem Zusammenhang Innenminister
Horst Seehofer (CSU): „Dessen erste Botschaft zum Amtsantritt war, er
werde die Abschiebepraxis verschärfen. Wider besseren Wissens“, sagte
der Caritas-Chef. „Wir haben selbst Mitarbeiter in Afghanistan, und
wir halten Afghanistan nicht für sicher.“ Die fragile Sicherheitslage
vieler Herkunftsländer sei insgesamt auch ein Grund dafür, weshalb
beschlossene Abschiebungen oft nicht vollzogen würden. „Es ist nicht
nur unfair, es ist populistisch, so zu tun, als läge es nur am
mangelnden Willen der Behörden, die Menschen abzuschieben. Das sind
Fake News“, sagte Neher.

Unverantwortlich sei es auch, Flüchtlinge hierzulande in
sogenannten Ankerzentren mit bis zu 1500 Menschen unterzubringen, so
der Caritas-Präsident: „Wir wissen aus Erfahrung, dass solche
Großeinrichtungen hochproblematisch sind. Besonders gefährdete
Gruppen, Frauen, Schwangere, Kinder, Homosexuelle oder bestimmte
religiöse Minderheiten, sind dort vielfältigen Gefahren ausgesetzt.“
Auch seien nicht alle Verfahren zügig zu handhaben. „Das heißt, auch
in solchen Großeinrichtungen werden wir Menschen haben, die bis zu
einem Jahr oder länger darin leben müssen. Das ist der Horror. Dass
dann Aggressionen wachsen, dass dies Kriminalität befördert, liegt
auf der Hand“, sagte Neher.

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