Der Anwalt der ehemaligen Leiterin der Bremer
Außenstelle, Erich Joester, hat sich erstmals in einem
Fernsehinterview zu den Vorwürfen gegen seine Mandantin geäußert. Sie
werde nicht nur von den Medien, sondern von ihren eigenen
Vorgesetzten vorverurteilt. Es gehe nicht an, dass „diejenigen, die
zur Fürsorge aufgerufen sind, nämlich ihre Vorgesetzten bis hin zum
Minister, jetzt Vorwürfe erheben, ohne ihr rechtliches Gehör gewährt
zu haben“, so Joester gegenüber Radio Bremen, NDR und SZ. Den Vorwurf
der Bestechlichkeit wies Joester zurück. Seine Mandantin habe nie
Geld angenommen. Die Vorwürfe seien „Unsinn“. Weder habe sie Vorteile
angenommen, noch habe sie Geld an Anwälte angewiesen, die dafür
Asylsuchende gezielt nach Bremen gebracht haben sollen. Dies ließe
sich belegen. Die Verfahren seien aus Gründen der Überlastung anderer
Außenstellen und mit Wissen der Zentrale des BAMF in Nürnberg nach
Bremen verlegt worden.
Den von der Innenrevision des BAMF erhobenen Vorwurf, die
ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle habe bei ihren
Entscheidungen das Vier-Augen-Prinzip missachtet, nannte Joester „ein
Stück aus dem Tollhaus“. Das Vier-Augen-Prinzip wurde von der
BAMF-Zentrale erst am 1.9.2017 in Kraft gesetzt. Die von der
Innenrevision des BAMF überprüften Fälle beziehen sich aber auf den
Zeitraum von März 2013 bis August 2017. „Wie kann man jemanden
vorwerfen, eine Vorschrift missachtet zu haben, wenn es diese
Vorschrift noch gar nicht gab?“, so Joester. Das sei „absurd“, so der
Anwalt, zumal sich für das besagte Vier-Augen-Prinzip ausgerechnet
seine Mandantin eingesetzt habe. Die Leiterin der Bremer Außenstelle
war nach ihrer Absetzung in einer Projektgruppe zur Konzeptionierung
der Qualitätssicherung des BAMF tätig.
Weder das BAMF in Nürnberg noch das Bundesinnenministerium haben
auf Anfrage dazu bislang Stellung genommen.
Gegen Ulrike B läuft bei der Staatsanwaltschaft Bremen ein
Ermitt-lungsverfahren. Sie soll mit insbesondere mit Irfan C., einem
Anwalt aus Hildesheim, zusammengearbeitet und unrechtmäßig
Asylbescheide ausgestellt haben.
Auch der Anwalt von Irfan C. wies die Vorwürfe vehement zurück.
Dass Ulrike B. viele der betroffenen Asylanträge mangels
Zuständigkeit gar nicht hätte bearbeiten dürfen, sei „haltlos“, so
Henning Sonnenberg. Er berichtet von einem Erlass der BAMF-Zentrale
in Nürnberg, wonach die Bremer Außenstelle – zumindest zeitweise –
auch für die Bearbeitung von Asylanträgen aus Teilen von
Niedersachsen zuständig war. Die frühere Bremer Referatsleiterin
Ulrike B. könne das belegen, so Sonnenberg. Seines Wissens befinde
sich eine entsprechende Mail in ihrem dienstlichen Mail-Account.
Dieser wurde von der Staatsanwaltschaft Bremen beschlagnahmt.
Asylsuchende nach Anweisung der Zentrale nach Bremen gefahren
Bestätigt wurde dieses Verfahren vom Ordnungsamt des Landkreises
Cuxhaven. Auf Anfrage von Radio Bremen, NDR und SZ heißt es: „Mit
Schreiben vom 30.12.2014 teilte uns das BAMF Nürnberg mit, dass durch
die besonders hohe Zahl der Asylantragsteller es seit einiger Zeit
nicht mehr gelinge, die Antragstellung beim Bundesamt noch während
des Aufenthaltes in den Erstaufnahmeeinrichtungen durchzuführen. Die
Landesaufnahmebehörde sei gezwungen, manche Personen zum Teil schon
vor Antragstellung zu verteilen. Die für den Zuständigkeitsbereich
Landkreis Cuxhaven vorgesehene Außenstelle sei das BAMF Bremen.“
Flüchtlinge aus dem Landkreis Cuxhaven waren deswegen zumindest im
Jahr 2015 zur Antragstellung nach Bremen gebracht worden. Für den
Transport wurden von den jeweils zuständigen Kommunen Busse
gechartert. Dass Anwälte Flüchtlinge busweise nach Bremen gebracht
hätten, um dort ihre Anträge bearbeiten zu lassen, sei daher eine
„Räuberpistole“, so Sonnenberg.
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