Trierischer Volksfreund: Ergebnisse des Koalitionsgipfels – Leitartikel Trierischer Volksfreund, 06.11.2012

In Autos gab es früher den „Wackeldackel“. Das
Hartplastiktier lag fest auf der Hutablage. Die beweglichen Teile,
der Kopf und bei einigen Ausführungen auch der Schwanz, wackelten mit
dem Auf und Ab des Fahrzeugs. Lustig. Bei der schwarz-gelben
Koalition ist es andersherum. Da wackelt der Schwanz mit dem Hund.
Diese Regierung ist der „Merkel-Dackel“. Die kleinen Parteien, CSU
und FDP, regieren die große. Nicht lustig.

Das schlimmste Beispiel dafür ist das am Sonntag beschlossene
Betreuungsgeld: Es widerspricht klar der modernen Familienpolitik der
CDU. Es widerspricht auch der modernen Bildungs- und
Integrationspolitik Angela Merkels und ihrer Partei. Statt das aber
intern mit der kleinen Schwesterpartei auszufechten, kommt es nun
doch. Der Schwanz wedelt mit dem Hund. Beispiel Praxisgebühr:
Natürlich, sie hat ihre Lenkungswirkung verfehlt. Aber wenn sie nun
sang- und klanglos abgeschafft wird, so ganz ohne Ersatz, dann ist
das bloß ein Geschenk an die FDP. Wie man von durchschnittlich über
18 Arztbesuchen pro Jahr und Patient auf erträglichere Zahlen
herunterkommt, um die Kosten zu dämpfen, das interessiert offenbar
niemanden mehr. Schwanz und Hund. Beispiel Rente: Das soll sich
Bekämpfung der Altersarmut nennen? Das soll der von den CDU-Frauen
geforderte Ausgleich für das Betreuungsgeld sein? Es ist lächerlich.
All die wirklich wichtigen offenen Probleme der Alterssicherung, von
der Anerkennung der Kindererziehungszeiten bis zur Einführung einer
allgemeinen Lohnuntergrenze, bleiben ungelöst.

Der Ablauf dieses Gipfels war symptomatisch: Erst wochenlanges
öffentliches Gezerre statt stille, lösungsorientierte Politik. Dann
eine Nacht der langen Messer, mit dem üblichen Poker und mit einer
wie immer moderierenden Kanzlerin. Dann ein Ergebnis, das ein
Formelkompromiss auf sieben Seiten ist, der wenig bewegt. Einen
Unterschied zu früheren Gipfeln gab es am Sonntag allerdings: Es
wurde am Tag danach gar nicht erst versucht, ihn als großen Neuanfang
zu verkaufen. Denn die Luft ist endgültig raus.

Uneingeschränkt positiv zu werten ist als einziges die
Absichtserklärung, ab 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt
vorzulegen. Das war angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen jedoch
auch der am leichtesten zu treffende Beschluss. Und er ist zufällig
der einzige Beschluss, bei dem diese Koalition nicht sofort ihre
Ernsthaftigkeit beweisen muss. Wahrscheinlich gar nicht mehr. Denn
niemand will dieses Regierungsbündnis noch einmal.

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Trierischer Volksfreund
Thomas Zeller
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