Allg. Zeitung Mainz: Inakzeptabel / Kommentar zu Koalitionsbeschlüssen

Wäre die Abschaffung der Praxisgebühr politisch
nicht mit der Einführung des Betreungsgeldes gekoppelt, kaum jemand
würde dem in langer Nacht erzielten Kompromiss der schwarz-gelben
Koalition das Etikett „Kuhhandel“ anzuhängen versuchen. Denn die zehn
Euro, die der Kassenpatient jedes Quartal beim Arzt abliefern musste,
haben keineswegs dazu geführt, dass die Menschen hierzulande weniger
zum Arzt gegangen sind. Die Praxisgebühr hat also nicht nur nicht
funktioniert, sie hat auch für gewaltigen, nach wie vor andauernden
Ärger bei den Patienten geführt. Ärger, der sich an der Wahlurne,
wenn es denn knapp wird, sehr wohl auswirken kann. Das Aus ist also
gut und richtig, die Opposition hätte auch nicht anders gehandelt,
wäre sie ernsthaft gefragt worden. Dass die Abschaffung jedoch –
wider jeden besseren Wissens – mit einem Ja der FDP zum
Betreuungsgeld erkauft worden ist, lässt die Sache dann leider zu
einem Kuhhandel der ganz besonders unanständigen Sorte verkommen.
Denn statt in einer Kita soziales Verhalten zu lernen,
Sprachkenntnisse zu erwerben oder zumindest zu verbessern, wird
künftige Chancenlosigkeit auch noch bezahlt. Das trifft jetzt das
einzelne Kind, in gar nicht so ferner Zukunft die Gesellschaft
insgesamt, die jetzt alles dafür tun müsste, dass möglichst viele
junge Menschen künftig die bestmögliche Bildung erhalten. Das geht
aber nur bei möglichst guter Beherrschung der Sprache und sozialem
Verhalten, und das kann man schon in einer Kita – sozusagen
spielerisch – wunderbar lernen. Und deshalb ist der Preis, den die
FDP für die Abschaffung der Praxisgebühr zu zahlen bereit ist,
schlicht inakzeptabel.

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