Was Engagement fördert und wo es hakt / Vertreter aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft diskutieren beim Forum Aktive Bürgerschaft 2018 (FOTO)

Ein Prozent der Einkommenssteuer per Steuererklärung an eine
gemeinnützige Organisation eigener Wahl, statt alles dem Staat zu
geben: Das würde gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen in
Deutschland jedes Jahr mindestens 1 Milliarde Euro zusätzliche
Finanzierung bringen. Unbürokratisch, ohne unübersichtliche
Fördertöpfe, komplizierte Antragsverfahren und einengende
Zweckbindung. Für dieses in Osteuropa seit Langem gut funktionierende
Modell warb Dr. Stefan Nährlich, Geschäftsführer der Stiftung Aktive
Bürgerschaft, beim Forum Aktive Bürgerschaft 2018 am 23. März 2018 in
der DZ BANK am Brandenburger Tor in Berlin. Teilnehmer waren 200
Vertreter gemeinnütziger Organisationen und Förderer
bürgerschaftlichen Engagements, Politiker und Wissenschaftler. Mit
der Veranstaltung wolle die Stiftung Aktive Bürgerschaft ein Forum
für den Dialog über die Förderung bürgerschaftlichen Engagements
bieten, so Werner Böhnke, Stiftungsratsvorsitzender der Aktiven
Bürgerschaft, in seiner Begrüßung.

Fördern, ohne zu vereinnahmen

Die erste Runde mit MdB Dr. Anna Christmann von den Grünen, Prof.
Dr. Edgar Grande vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung,
Dr. Inga Michler von der Tageszeitung Die Welt und Dr. Stefan
Nährlich diskutierte neben der 1%-Regel auch das Lehr- und
Lernkonzept Service Learning. Es verbindet Unterricht an Schulen,
aber auch Lehrveranstaltungen an Hochschulen mit Engagementprojekten
und kann sowohl das Lernen fördern als auch die Basis für
bürgerschaftliches Engagement im weiteren Leben legen. Auch über eine
gesetzliche Transparenzpflicht für gemeinnützige Organisationen wurde
diskutiert. Sie ermöglicht der Öffentlichkeit die verlässliche
Information und stärkt damit das Vertrauen in die Organisationen.

„Wenn der Staat bürgerschaftliches Engagement nachhaltig fördern
will, muss nicht nur an Detailverbesserung gearbeitet werden, sondern
dann muss auch an den großen Schrauben der Engagementförderung
gedreht werden,“ so Nährlich.

Dr. Anna Christmann, MdB und fachpolitische Sprecherin für
Bürgerschaftliches Engagement der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:
„Die 1%-Regel und eine Stärkung des Service-Learnings an Hochschulen
sind spannende Vorschläge, wie wir eine verlässliche finanzielle
Basis und eine neue Dynamik für bürgerschaftliches Engagement
erreichen können.“

Engagementpolitik, Service Learning, Immobilien, Stiftungshandeln

Um die Rahmenbedingungen bürgerschaftlichen Engagements und die
engagementpolitischen Vorhaben der neuen Regierung ging es in einem
der vier Themenräume über die Mittagszeit mit Svenja Stadler,
SPD-Fraktion für Bürgerschaftliches Engagement. Dr. Rudolf Speth,
Mitglied im Stiftungsrat der Aktiven Bürgerschaft und einer der
beiden Moderatoren, mahnte die große Belastung für ehrenamtliche
Gremien durch die Bürokratie an. Steuergesetzgebung,
EU-Geldwäscheverordnung, EU-Datenschutzgrundverordnung: Die Grenze
dessen, was Ehrenamt bewältigen könne, werde zunehmend überschritten.
Wim Buesink aus dem Vorstand der Stiftung Aktive Bürgerschaft
forderte dazu: „Die Politik muss hier wieder Maß halten und die
gemeinnützigen Organisationen bei der Umsetzung gesetzlicher
Anforderungen besser unterstützen.“

Was Service Learning bewirken kann – Erkenntnisse aus Forschung
und Praxis, war Thema eines weiteren Themenraumes. „Durch ihr
Engagement an Orten, an denen es einen echten Bedarf an Unterstützung
gibt, erfahren die Schülerinnen und Schüler, dass sie selbst etwas
bewirken und ihr Umfeld mitgestalten und verbessern können“, so
Ursula Dreeser, Schulleiterin der Gesamtschule Bonns Fünfte. Prof.
Dr. Karl-Heinz Gerholz, Universität Bamberg, forderte mit Blick auf
die Lehrerausbildung: „Wir brauchen didaktisch sinnvolle Lösungen für
Service Learning in der Lehrerbildung. Somit können wir zukünftige
Lehrkräfte an Service Learning heranführen und die Implementation an
Schulen gelingt langfristig.“

In den beiden anderen Themenräumen erörterten die Teilnehmer, wie
Bürgerstiftungen mit Immobilien gute Erträge erwirtschaften können
und wie sich zeitgemäßes Stiftungshandeln konkret umsetzen lässt.

Wie gesellschaftspolitisch ist und soll privates Engagement sein?

Wie Staat, Wirtschaft und engagierte Bürger gut zusammenarbeiten
können, diskutierten am Nachmittag Dr. Karamba Diaby, Mitglied des
Deutschen Bundestages (SPD), Prof. Dr. Paul Nolte, Freie Universität
Berlin und Mitglied des Stiftungsrates, Dr. Cornelius Riese, Vorstand
der DZ BANK AG und Mitglied des Stiftungsrates, und Katja Suding,
stellv. Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion.

Dazu berichtete Jörg Armbruster, Vorstandsvorsitzender der
Bürgerstiftung Kehl, was aus den Geflüchteten im
Qualifizierungsprojekt geworden ist, für das die Bürgerstiftung 2017
mit dem Förderpreis Aktive Bürgerschaft ausgezeichnet wurde. Alle
haben die Ausbildung bestanden, so Armbruster. Ungeachtet dessen
wurde bei zweien der Teilnehmer der Asylantrag abgelehnt.

Dr. Cornelius Riese sagte, die Integration Geflüchteter sei eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für deren Erreichung der enge
Austausch zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren
zentral ist. Gemeinnützige Organisationen wie zum Beispiel die
Bürgerstiftungen, aber auch Unternehmen wie die DZ BANK leisteten
dazu ihren Beitrag – etwa durch Beschäftigung und Ausbildung. Prof.
Dr. Paul Nolte: „Wer privat und ganz im Stillen helfen will, soll das
tun. Eine freie Gesellschaft zwingt niemanden auf die öffentliche
oder politische Bühne. Aber umgekehrt gilt auch: Eine freie
Gesellschaft, eine lebendige Demokratie brauchen Engagement, das
öffentlich sichtbar ist, das sich einmischt und Position bezieht.“

Die Moderation der Runde übernahmen Prof. Dr. Tanja Klenk,
Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, und Michael Sauer,
Vorstandsmitglied der Stiftung Aktive Bürgerschaft und Leiter der
Vertriebsdirektion Nord der R+V Versicherung AG.

Mit der Veranstaltung bot die Stiftung Aktive Bürgerschaft ein
Forum für den Dialog über die Förderung bürgerschaftlichen
Engagements. Ihre eigenen Vorschläge und Impulse hat sie zur
Bundestagswahl 2017 in einem offenen Brief an Politik und Regierung
veröffentlicht:
www.aktive-buergerschaft.de/buergergesellschaft/engagementpolitik

Programm Forum Aktive Bürgerschaft 2018: http://ots.de/TgRjUU

Fotos zum Download (honorarfrei und druckfähig, 300 dpi) ab 17.00
Uhr: www.flickr.com/gp/aktive_buergerschaft/tD7z82

Stiftung Aktive Bürgerschaft

Die gemeinnützige Stiftung Aktive Bürgerschaft ist das
Kompetenzzentrum für Bürgerengagement der Volksbanken
Raiffeisenbanken. Sie unterstützt bundesweit die mehr als 400
Bürgerstiftungen bei Managementaufgaben, Projekten und der Gewinnung
von Stiftern und Aktiven. Mit dem Service-Learning-Programm
sozialgenial unterstützt sie mehr als 660 Schulen in
Nordrhein-Westfalen und Hessen darin, junge Menschen frühzeitig an
ehrenamtliches Engagement heranzuführen. Weitere Informationen:
www.aktive-buergerschaft.de

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Caroline Deilmann, Presse und Kommunikation
Tel. 030 2400088-18 (Büro und Mobil)
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