Quereinsteiger für den Neuanfang
Nun wird doch noch ein populärer Musiker Haitis nächster
Präsident. Die Kandidatur von Hip-Hop-Star Wyclef Jean scheiterte im
November an formalen Kriterien. Doch Sänger Michel Martelly erfüllte
alle Bedingungen. Ob er auch alle Erwartungen der notgeplagten
Haitianer erfüllen kann, ist ungewiss. Schließlich hat „Sweet Micky“
keinerlei Erfahrung, wie man ein Land regiert, geschweige denn wieder
aufbaut.
Darin liegt freilich auch etwas Gutes. Denn was der Karibikstaat
überhaupt nicht braucht, ist ein weiterer Vertreter der korrupten
Elite an der Spitze der Regierung. Insofern symbolisiert die Wahl
Martellys, der mit dem Obama-Motto „Change“ (Wechsel) angetreten war,
die demokratische Reife des Volkes. Von Diktatur, Unruhen und
Bürgerkrieg geprägte Jahrzehnte machten Haiti zum Armenhaus, lange
bevor es von einem verheerenden Erdbeben und danach von einer
Cholera-Epidemie heimgesucht wurde.
Politische Quereinsteiger können durch ihre Unvoreingenommenheit
einiges bewegen, siehe Schwarzenegger oder Havel. Martellys Erfolg
wird entscheidend davon abhängen, wie sinnvoll er die ihm
anvertrauten Milliarden an Hilfsgeldern einsetzen und mit den
Vereinten Nationen zusammenarbeiten wird. Zudem muss er kompetente
Politiker in sein Team holen und den Wandel motivierend vorleben.
Dazu gehört auch, die Vorwürfe rasch aufzuklären, er habe einst mit
Schlägertrupps der Duvalier-Diktatur paktiert.
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