Der Direktor der (Stasi-Opfer-)Gedenkstätte
Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, hat dem Vorsitzenden des
Beirates der Stasi-Unterlagen-Behörde, Richard Schröder, den
Rücktritt nahegelegt. Anlass ist Schröders Aufforderung an den
Behörden-Leiter Roland Jahn, seine Arbeit nicht allein aus der
Perspektive der Opfer zu machen. „Ich finde es dubios, wenn Herr
Schröder sagt, dass man die DDR nicht nur aus der Perspektive der
Opfer betrachten dürfe“, sagte Knabe der in Halle erscheinenden
„Mitteldeutschen Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe). „Denn man muss
Diktaturen ausschließlich aus der Perspektive der Opfer betrachten.
Die Behörde dient dazu, ihnen Genugtuung zu verschaffen. Dass Herr
Schröder das anders sieht, zeigt mir, dass er von den Opfern sehr
weit weg und in dieser Position als Beirats-Vorsitzender fehl am
Platze ist. Er sollte sich überlegen, ob er dieses Amt nicht besser
zur Verfügung stellt.“ Es stelle im Übrigen „ein Problem für die
Arbeit der Behörde dar, wenn der Beirats-Vorsitzende dem neuen
Behördenchef bei so einem Thema diametral in die Parade fährt“.
Schröder, so Knabe, habe sich an die Existenz von Stasi-Mitarbeitern
in der Behörde gewöhnt und seinen Frieden damit gemacht. Jahn
hingegen versuche, „einen jahrelangen Missstand zu beseitigen. Das
ist überfällig.“ Schröder hatte gegenüber der „Mitteldeutschen
Zeitung“ erklärt: „Dass die Perspektive der Opfer das letzte Wort
hat, ist nicht in Ordnung. Opfer und Täter sind befangen. Der
Bundesbeauftragte hat die Aufgabe, die Behörde in der Mitte zu
halten.“ Ausgangspunkt der Debatte sind Jahns Bemühungen, 47
ehemalige und in der Behörde tätige Stasi-Mitarbeiter aus der Behörde
zu entfernen und in andere Bundesbehörden oder Ministerien zu
versetzen. Schröder verweist unter anderem darauf, dass dies mehrmals
versucht worden und ein neuer Versuch nutzlos sei.
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