Südwest Presse: Kommentar zum Trojaner

Man weiß gar nicht, über was man sich am meisten beim
Trojaner aus Bayern ärgern soll. Behörden verstoßen gegen
Verfassungsrecht. Sie spionieren intimste Bereiche der Bürger aus.
Ihre Werkzeuge sind so schlampig, dass sie auch gewöhnlichen
Kriminellen am ausgeforschten Computer Tür und Tor öffnen. Und
schließlich: Eingesetzt werden wohl Testversionen, die nichts, aber
auch gar nichts mit dem versprochenen sicheren, individuellen und
zurückhaltenden Einsatz von Trojanern zu tun haben. Bayern hat den
Glauben an den sensiblen Einsatz staatlicher Sicherheitswerkzeuge
schwer beschädigt. Die Kontrollfunktionen etwa durch Richtervorbehalt
funktionieren nicht. Die Online-Überwachung lässt sich nicht auf eine
der Rechtsprechung adäquate Form eindämmen. Wieder einmal bestätigt
sich, dass Behörden bei Strafverfolgung im Zweifel alle Möglichkeiten
nutzen, die ihnen zur Verfügung stehen und nach dem Motto handeln:
Der Zweck heiligt die Mittel. Dass beim staatlichen „O–zapft is“
Rechtsstaatlichkeit auf der Strecke bleibt, scheint vernachlässigbar.
Hier sollten Politiker und Richter das Handlungskorsett enger
schnüren – oder im Zweifel Eingriffe wie Online-Durchsuchungen
unterlassen. Gerade Unions-Politiker fordern, im Internet keinen
rechtsfreien Raum entstehen zu lassen. Aber dann sollten sich auch
ihre Landesbehörden an geltendes Recht halten.

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Lothar Tolks
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