Lange haben es Angela Merkel und Nicolas Sarkozy
nicht zugelassen, dass ihr griechischer Amtskollege auf dem
Euro-Gipfeltisch Sirtaki getanzt hat. Ihre Ankündigung, im Falle
einer Nichtzustimmung zu dem gerade vereinbarten Hilfs- und Sparpaket
den Geldhahn zuzudrehen, zeigte die erhoffte schnelle Wirkung. Ebenso
schnell, wie er den Plan zur Volksabstimmung gefasst hatte, gab
Giorgos Papandreou ihn wieder auf – und damit verbunden vermutlich
auch seine persönliche politische Zukunft. Merkel und Sarkozy
verhielten sich damit in Cannes vielleicht erstmals so, wie sie auf
griechischen Demonstrationen und in Boulevard-Zeitungen schon lange
dargestellt werden: als Machos, die in Euro-Land den Ton angeben.
Sicher ist es angenehmer, wenn die Mächtigen eine zurückhaltende
Sprache pflegen. Doch nach Papandreous Ausfallschritt war die EU
nicht nur dabei, sich lächerlich zu machen und ihr Ansehen zu
verlieren. Die Krise, an der sie zu scheitern drohte, hätte darüber
hinaus wohl die gesamte Weltwirtschaft mitgerissen. Die Gefahr einer
Rezession ist auch jetzt noch nicht gebannt. Dies erklärt
möglicherweise den sonst schwer verständlichen Einstand des neuen
Chefs der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Die ohnehin extrem
niedrigen Zinsen noch einmal zu senken, ist ansonsten ein Spiel mit
vielen Unbekannten. Mögliche Investoren brauchen diesen Schritt
nicht. Und warum eine Währung, die so stark ins Gerede gekommen ist,
sich für Anleger unattraktiver machen muss, das wissen allein die
Euro-Götter in Frankfurt. Die Woche der Gipfel war ein Gipfel der
Überraschungen. Es ist Zeit, dass Europa zu Solidität und
Beständigkeit zurückkehrt. War nicht der Namensgeber für Europa eine
phönizische Königstochter? Der höchste Gott der Griechen, Zeuss, hat
sie nach Kreta entführt, um sie zu schwängern. Zuletzt verhielt sich
der griechische Ministerpräsident so, als seien die Machtverhältnisse
noch genau wie damals. Dies wenigstens haben Merkel und Sarkozy
gerade gerückt.
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