LVZ: Wiefelspütz: Aufklärung der Neonazi-Mordserie nicht mit Rücktrittsforderungen gegen Friedrich verknüpfen / Expertenkommission statt U-Ausschuss

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz hat sich
dagegen ausgesprochen, die Debatte um die neonazistische Mordserie
mit Rücktrittsforderungen gegen einzelne Politiker zu verquicken. In
einem Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitag-Ausgabe)
sagte Wiefelspütz, er fordere nicht den Rücktritt von
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), „sondern sage mit
tiefem Bedauern: Amt und Person werden nicht glücklich miteinander“.
Die Dramatik dieses Falls „eignet sich nicht für eine
parteipolitische Abrechnung“, meinte Wiefelspütz. „Die Folgewirkung
dieser entsetzlichen rechtsterroristischen Dimension ist viel zu
groß, als dass man sie an nur einer Person festmachen könnte.“ Vor
dem Hintergrund der tiefgreifenden Veränderungen der USA nach dem
Terroranschlag vom 11. September 2001 stellte der SPD-Politiker fest:
„Vergleiche hinken immer. Klar ist: Diese braune Mordspur ist eine
dramatische Zäsur. Etwas Vergleichbares hat es seit 1949 in
Deutschland nicht gegeben.“ Zur Aufklärung der Vorfälle in den
vergangenen 13 Jahren sei der Einsatz einer Expertenkommission
notwendig, die die Vorgänge im Bund und in den Ländern aufarbeiten
könne. „Entscheidend ist eine schonungslose Analyse der Schwächen und
Stärken unserer Sicherheitsarchitektur. Dazu brauchen wir eine
Expertenkommission, die in Bund und Ländern alle Sicherheitsdefizite
überprüfen kann.“ Ein Bundestagsuntersuchungsausschuss hätte nur die
Möglichkeit, die Zuständigkeiten des Bundes zu überprüfen. Aber fast
80 Prozent der Sicherheitsarbeit würden von den Ländern verantwortet.
Eine solche Expertenkommission habe es schon einmal gegeben, sagte
Wiefelspütz, nach dem Mord an Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin
Schleyer und den damaligen Fahndungspannen. „Ohne jeglichen
Vergleich: es war damals wichtig, alles aufzudecken und
Schlussfolgerungen zu ziehen und es ist heute existenziell, dass wir
alles tun, um rechtsterroristische Quellen auszutrocknen.“ Dabei
dürfe die Aufklärung und die Abhilfe nicht daran scheitern, „dass
Bedenkenträger jetzt schon wieder aus den Büschen kommen“.

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