Neues Deutschland: zum Kandidaten Gauck

Dem präsidialen Super-GAU folgt nun der
Super-Gauck. SPD-Chef Gabriel spricht von der Chance für einen
Neuanfang. Doch das war–s an Neuigkeiten. Andrea Nahles frohlockt,
die Kanzlerin sei umgefallen. Es ist alles beim alten; der König ist
tot, es lebe der König. Ein wenig schöner Schein wenigstens? Bei
Horst Köhler hatte man sich daran gewöhnt, dass der Bundespräsident
dem Kanzleramt auch mal widerspricht. Zu den Erwartungen zählt nach
Wulff nun wieder auch mehr Farbe im Amt, mehr Meinung. Wieso
eigentlich? Der Nimbus des Oppositionellen ist Gauck zu Unrecht
verliehen, er musste ihn nie beweisen. Gauck ist mit Lorbeer
behangen, der eine Legende würzt, mehr nicht. Die Inthronisierung
Gaucks verhilft einem rechtslastigen Liberalen zum hauseigenen Altar.
Und sie zeigt den rechten Geist der parteiübergreifenden
Parlamentsmehrheiten dieses Landes. Sie stören sich nicht daran, dass
Gauck für die Freiheit des Geldes und eine notwendige Unfreiheit der
Mittellosen spricht. Dabei vertritt er neoliberale Positionen, die
die Neoliberalen bereits zu räumen begonnen haben. Der Kandidat von
SPD und Grünen ist Prediger des Ellbogens. Ohne damit selbst ein
Risiko einzugehen. Ein Mitläufer. Was er an der DDR kritisiert,
findet er an der Bundesrepublik gut. Grenzwertiger, undemokratischer
Umgang mit Opposition ist jetzt okay, Geheimdienst auch, Krieg sogar.
Den hätte er an der DDR sicher gern kritisiert. Schade drum. Jedes
kritische Wort, das Ungerechtigkeiten dieser Gesellschaft in Frage
stellte, wäre von diesem Mann eine Überraschung.

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