WAZ: Bilanzkosmetik reicht nicht. Kommentar von Tobias Blasius

Auf dem Höhepunkt ihrer Macht werden der mit
Fabelergebnis wiedergewählten Ministerpräsidentin Hannelore Kraft all
die Gratulanten und neuen Sympathisanten womöglich den Blick auf die
nächsten landespolitischen Niederungen verstellt haben. Aber nach der
Sommerpause wartet eine beinharte Auseinandersetzung über die
rot-grüne Haushaltspolitik. Krafts Finanzminister Walter-Borjans hat
am Mittwoch ziemlich unverblümt eingeräumt, dass er die
milliardenschwere WestLB-Abwicklung weitgehend über neue Schulden
finanzieren will. Und das bei einer in steuerlichen Boomzeiten
ohnehin viel zu hohen neuen Kreditaufnahme des Landes von zuletzt
eingeplanten 3,6 Milliarden Euro. Selbst wenn sich ein Milliardenloch
wie die WestLB nicht mühelos im Haushalt auffangen lässt, sollte
Rot-Grün zumindest den Eindruck vermitteln, dass man auf der Suche
nach Einsparungen wirklich jeden Stein umdreht. Ein wenig
Bilanzkosmetik und der Verweis auf fehlende Alternativvorschläge der
Opposition reichen nicht mehr aus. Das renommierte Forschungsinstitut
RWI hat der rot-grünen Sparpolitik erst im Mai ein denkbar schlechtes
Zeugnis ausgestellt. Die einst als „Schuldenkönigin“ verspottete
Kraft wollte jüngst mit Spar-Rhetorik und einem Bekenntnis zur
Schuldenbremse erkennbar neue Akzente setzen. Jetzt müssen den Worten
Taten folgen.

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