Gemeinsame Pressemitteilung
Nach wie vor ist die Mehrzahl der europäischen Fischbestände
überfischt, viele außerhalb sicherer biologischer Grenzen – die
OCEAN2012-Kampagne fordert, bei der bevorstehenden Reform der
Gemeinsamen Fischereipolitik Lehren aus Geschichte und Gegenwart zu
ziehen und der Meeresumwelt Vorrang einzuräumen – Bundesministerin
Ilse Aigner muss für Deutschland gegen die Überfischung eintreten.
Die zweite European Fish Week findet im Vorfeld der
Veröffentlichung des Vorschlags der Europäischen Kommission für eine
reformierte Gemeinsame Fischereipolitik in Europa und in zeitlichem
Zusammenhang mit dem Weltozeantag (8. Juni) vom 4. bis zum 12. Juni
2011 statt. Über hundert OCEAN2012-Mitgliedsverbände wenden sich
unter dem Motto „Zurück in die Zukunft“ an die Öffentlichkeit.
So weit der Mensch zurückdenken kann, gab es in Europa mehr
Fische, mehr Boote und mehr Regionen, die von der Fischerei leben
konnten als heute. Wegen der anhaltenden Überfischung sind einige
Fischbestände auf einen dramatisch niedrigen Stand gesunken. Während
der diesjährigen Aktionswoche mit Ausstellungen und Veranstaltungen
in ganz Europa laden die OCEAN2012-Verbände die europäischen
Bürgerinnen und Bürger ein, mit anzusehen, wie die Überfischung die
Meeresumwelt, die Zusammensetzung mariner Lebensgemeinschaften und
auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der von der Fischerei lebenden
Menschen an den Küsten negativ verändert hat.
„Das große Interesse an der zweiten European Fish Week ermutigt
uns“, sagt Uta Bellion, Direktorin der European Marine Programme der
Pew Environment Group und OCEAN2012-Koordinatorin. „Die EU-Kommission
wird bald ihren Vorschlag für eine reformierte Gemeinsame
Fischereipolitik veröffentlichen. Dies ist ein wichtiger Moment für
die Mitgliedsverbände von OCEAN2012, um darauf hinzuweisen, dass
Menschen in ganz Europa von der Politik eine Beendigung der
Überfischung erwarten. Während der European Fish Week appellieren wir
an die für Fischerei verantwortlichen EU-Minister, bei der Reform der
Gemeinsamen Fischereipolitik der ökologischen Nachhaltigkeit Vorrang
einzuräumen – auch, weil nur so die von der Fischerei abhängigen
Küstengemeinschaften bewahrt werden können. „
Die Nachweise für das Schwinden der europäischen Fischereien sind
vielfältig. Einige Beispiele:
1.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert betrug die durchschnittliche Länge
von Kabeljau in der Nordsee 1 bis 1,5 Meter bei einem
Durchschnittsalter von acht bis zehn Jahren. Heute messen die
angelandeten Kabeljaue im Durchschnitt lediglich fünfzig Zentimeter,
und das Durchschnittsalter ist jünger als drei Jahre.
2.
Im Jahr 1949 erreichte die Blauflossenthun-Fischerei in Nordeuropa
ihren Höhepunkt mit einer Jahresfangmenge von 5485 Tonnen – heute
gibt es in Nordeuropa keine kommerzielle Blauflossenthun-Fischerei
mehr.
3.
Um 1640 umfasste die niederländische Heringsflotte sieben- bis
achthundert Fangschiffe mit insgesamt 11.000 bis 12.000 Mann
Besatzung. Heute könnte die Fangmenge von damals mit einem einzigen
Trawler und einer zehn bis elf Fischer starken Mannschaft
erwirtschaftet werden.
„Während der europäischen Fischwoche erinnern wir uns gemeinsam
mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern an den vergangenen
Reichtum der Meere und Küstengemeinschaften. Wir wenden uns an
Bundesministerin Aigner mit der Botschaft: Das wollen wir wiederhaben
– We want it back!“, so Nina Wolff, Fischerei-Expertin der Deutschen
Umwelthilfe und Koordinatorin der OCEAN2012-Kampagne in Deutschland.
„Die Geschichte der Fischerei ist eine Geschichte der übermäßigen
Nutzung. Insbesondere im Laufe der letzten drei Jahrzehnte wurden der
Reichtum der Meere, ihre Produktivität sowie die wirtschaftlichen
Möglichkeiten der Küstengemeinschaften bis weit über ihre Grenzen
überdehnt. Die Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik könnte diesen
Trend umkehren.“
Hinweise für Redaktionen:
Die European Fish Week in Deutschland:
4.6. bis 12.6., Berlin: Die Fotoausstellung „Zurück in die
Zukunft“ mit historischen Fotos sowie Gegenwartsfotografien des
Künstlers und Fischers Corey Arnold wird in Berlin am Aquadom
(DomAquarée Spandauer Str./Ecke Karl-Liebknecht-Str.) gezeigt.
9.6., Hamburg: DEEPWAVE Ocean Talk: Prof. Hans Fricke „50 Jahre
Forschung in der lautlosen Welt“ ab 19:30, Deck 07 im Internationalen
Maritimen Museum Hamburg, Kaispeicher B, Koreastraße 1
9.6., 19:00-22:00 Uhr, Berlin: „Früher war mehr Fisch…“
Maritimer Abend rund um den Aquadom (DomAquarée Spandauer Str./Ecke
Karl-Liebknecht-Str.): Podiumsdiskussion mit echten Kennern der See,
anschließend Shanties und Getränke von der Küste
10.6., Hamburg, ab 19:00 Uhr: Deep Rave auf der MS Stubnitz, „An
extraordinarily journey into the ocean of light and sound“, MS
Stubnitz, Baakenhafen, Hamburg Ex-U-Boot Museum, Versmannstraße 23c
OCEAN2012 ist ein Zusammenschluss von Organisationen, die im
Rahmen der Reform der europäischen Fischereipolitik Überfischung und
destruktive Fischfangmethoden beenden und eine angemessene und
gerechte Nutzung der Fischbestände durchsetzen wollen. OCEAN2012
schlägt einen neuen, sich an Grundprinzipien orientierenden
Denkansatz für das Fischereimanagement in den Gewässern der EU und
für die EU-Flotte weltweit vor.
OCEAN2012 wurde von der Pew Environment Group gegründet und wird
von ihr koordiniert. Die Pew Environment Group ist die
Naturschutzabteilung des Pew Charitable Trusts, einer
Nichtregierungsorganisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die
Überfischung der Ozeane zu beenden. Zum Lenkungsausschuss von
OCEAN2012 gehören: Coalition for Fair Fisheries Arrangements,
Ecologistas en Acción, The Fisheries Secretariat, nef (new economics
foundation), die Pew Environment Group und Seas At Risk.
In Deutschland sind folgende Organisationen Mitglied von
OCEAN2012: DEEPWAVE e. V., Deutsche Umwelthilfe e. V., EuroNatur,
Evangelischer Entwicklungsdienst e.V., Gesellschaft zur Rettung der
Delphine e. V., Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere e. V.,
M.E.E.R. e. V., NABU (Naturschutzbund Deutschland e. V.), Pro
Wildlife e. V. und Reef Check e. V.
Pressekontakt:
Dr. Nina Wolff
Koordinatorin von OCEAN2012 in Deutschland
Deutsche Umwelthilfe (DUH)
Tel.: 030 2400867-84, Mobil: 0170 8127346, E-Mail: wolff@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz
Leiter Politik und Presse
Deutsche Umwelthilfe (DUH)
Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de