Neue OZ: Kommentar zu Karfreitag

Ein Tag der Ruhe ist zumutbar

Was über Jahrzehnte in einer christlich geprägten Kultur in
Deutschland als selbstverständlich galt, bedarf heute immer mehr der
Begründung. Traditionen per se haben keinen Sinn. Daher muss es nicht
nur schlecht sein, über die Ruhe am Karfreitag nachzudenken. Darf der
Staat Ruhe statt Rummel gesetzlich verordnen und öffentliche Partys
oder Kabarett verbieten? Ja, er darf. Er sollte sogar.

Es ist zumutbar, wenn dies an einem einzigen von 365 Tagen im Jahr
geschieht. Wie jeder privat diese Zeit gestaltet, bleibt ja davon
unberührt. Einen Feiertag begeht eine Gemeinschaft, weil ihr
bestimmte Werte wichtig sind. Das gilt selbst dann, wenn nicht jeder
Einzelne dem zustimmt. Der 3. Oktober ist auch für jene Deutschen ein
vom Staat verordneter Feiertag, die sich die Mauer zurückwünschen.
Und den 1. Mai begeht auch nicht jeder als Tag der Arbeit.

Karfreitag ist für Christen als Todestag Jesu ein Tag der Trauer.
Und christliche Rituale der Trauer empfinden auch viele Menschen als
hilfreich, die sich für kirchenfern halten. Das zeigen Gottesdienste
nach schrecklichen Ereignissen wie Amokläufen oder Ermordungen.

Hätte der Karfreitag als Tag der Besinnung und des Nachdenkens für
die meisten Deutschen keinen Sinn mehr, müsste man nicht das
Tanzverbot abschaffen, sondern den Feiertag selbst. Und Ostermontag
und Christi Himmelfahrt. Das wäre konsequent.

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