Pedro Sánchez hat sich verzockt. Der Plan des
sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, sich zum zweiten Mal binnen
Jahresfrist mit Neuwahlen eine größere Parlaments- und damit Verhandlungsbasis
bei der Regierungsbildung zu schaffen, ging in die Binsen. Jetzt rächt sich,
dass Sánchez im Sommer nicht versucht hat, ein progressives Bündnis der linken
Mitte zu schmieden. Die sozialdemokratische PSOE, die Linkspartei Unidas Podemos
und die linkssozialdemokratische katalanische ERC hatten eine rechnerische
Mehrheit, die Sánchez nicht genutzt hat und nun verloren ist. Fast flehentlich
hatte sich die Unabhängigkeitspartei ERC an Sánchez gewandt, sich auf einen
Dialog ohne Vorbedingungen einzulassen. Er kam nicht zustande und Sánchez– nach
der jetzigen Wahl erneut erklärtes Ziel, eine progressive Regierung zu bilden,
ist ferner denn je.
Die vierten Wahlen einschließlich der faktischen Abwahl des
Quasi-Zwei-Parteien-Systems PSOE und Volkspartei (PP) im Dezember 2015 haben
Spaniens politische Krise vertieft. Und sie haben erneut gezeigt, dass jeder Weg
zu ihrer Beilegung über die Lösung des Katalonien-Konflikts führt. Sollte
Sánchez – wie ihm von Podemos-Chef Pablo Iglesias im Wahlkampf unterstellt wurde
– stattdessen eine Ausflucht in einer großen Koalition mit der wieder erstarkten
rechten Volkspartei suchen, schaufelt er dem Nach-Franco-Spanien mit seiner
Verfassung von 1978 endgültig das Grab. Es würde kein schönes Ende sein.
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