Schwäbische Zeitung: Merkel spürt Druck von zwei Seiten – Kommentar

Angela Merkel weiß, dass sie jetzt von zwei
Seiten in die Zange genommen wird. Zum einen von dem neuen
französischen Präsidenten Francois Hollande, der dem Fiskalpakt einen
sozialeren Anstrich verleihen will. Zum anderen von den deutschen
Sozialdemokraten, die frohen Herzens mit einstimmen.

Bisher haben sie sehr verantwortungsbewusst den deutschen Sparkurs
mitgetragen und Merkel unterstützt. Jetzt aber wird neu darum
gerungen werden, wie man auf der einen Seite die Schuldenbremse
einhalten will, auf der anderen Seite aber kraftvolle Signale für
Arbeit, Bildung und Ökologie geben kann. An der Seite der
Gewerkschaften werden Frankreichs Sozialisten und deutsche
Sozialdemokraten jetzt eine Kursänderung erzwingen. Der Fiskalpakt
wurde abgewählt, jubeln schon die Linken.

Damit nicht genug. Für Angela Merkel zeichnet sich nach der Kieler
Wahl immer deutlicher ab, dass sie auch innenpolitisch um eine
strategische Mehrheit bangen muss – eine Horrorvorstellung der CDU
schlechthin. Während sich die SPD munter neue Optionen schafft und
schon mit den Piraten flirtet, scheint die Union weitgehend auf sich
selbst gestellt.

Zweierkonstellationen scheinen kaum noch mehrheitsfähig zu sein.
Die FDP mit ihren neuen Vormänner, Wolfgang Kubicki, Rainer Brüderle
und Christian Lindner könnte ihr Glück auch wieder in einer
sozialliberalen Richtung suchen. Die Grünen öffnen sich ohnehin eher
für eine Ampel mit SPD und FDP als für ein Jamaika-Bündnis an der
Seite der CDU. Angela Merkel spielt diese Diskussion derzeit nach dem
Motto, Inhalte sind wichtiger als Optionen herunter. Aber sie muss
sich neue Optionen schaffen, wenn sie ihre Inhalte weiter durchsetzen
will.

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