stern.de: Verfassungsschutz versuchte möglicherweise Zschäpe anzuwerben

Der Verfassungsschutz hat möglicherweise versucht,
NSU-Mitglied Beate Zschäpe als V-Frau zu gewinnen. Darauf deuten nach
Informationen von stern.de geheime Akten hin.

In einer sogenannten Werbeakte sind 40 Fälle beschrieben, in denen
der Verfassungsschutz Kontakt zu Mitgliedern der rechten Szene
suchte. Exakt drei Alias-Namen sind geschwärzt. Auch die
dazugehörigen Fotos sind – nicht wie bei den anderen 37 Fällen – mit
einem Balken versehen, sondern komplett geschwärzt.

Auf Seite 61 notierte das Bundesamt für Verfassungsschutz, man
habe eine Frau angesprochen. Sie sei Katzenliebhaberin und besitze
mehrere Katzen, sie sei alleinstehend und habe eine enge Beziehung zu
ihrer Oma. Außerdem sei sie Aktivistin beim Thüringer Heimatschutz
(THS) mit Verbindungen zum Führungskader.

Diese Beschreibung passt auf Beate Zschäpe. In den Wochen nach
ihrer Verhaftung war bekannt geworden, dass sie sich selbst als
„Omakind“ bezeichnet, dass sie ihre zwei Katzen bei einer Nachbarin
abgegeben hatte, bevor sie den Brand im Haus in Zwickau legte. Auch
Verbindungen zum THS soll Zschäpe gehabt haben.

Dem Anwerbegespräch ging eine ausgiebige Observation voraus.
Anfang 1997, rund ein Jahr bevor sie gemeinsam mit Uwe Mundlos und
Uwe Böhnhardt abtauchte, kam es zur „Ansprache“, wie es im
Geheimdienstjargon heißt. Spezialisten des Bundesamtes für
Verfassungsschutz sagten zu der jungen Katzenliebhaberin, man mache
sich Sorgen um die Gewaltentwicklung in Thüringen. Die junge Frau
antwortete, sie habe an Gewalt kein Interesse. Die Ansprache habe in
einer lockeren, angenehmen Atmosphäre stattgefunden, man habe ein
weiteres Treffen vereinbart. Ob es dazu kam, geht aus der geheimen
Akte nicht hervor. Sie ist unvollständig.

Pressekontakt:
stern
Oliver Schrom
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