Monatelang haben sie überlegt, ob sie vor die
Kamera treten. Jetzt äußern sich die Eltern des Zwickauer Terroristen
Uwe Böhnhardt erstmals im Fernsehen. „Ich denke jeden Tag an die
Opfer, immer“, so Brigitte Böhnhardt im „Panorama“-Interview. Die
Taten der Zwickauer Zelle könne man nicht verzeihen. „Es tut mir
wirklich unendlich leid“, so Böhnhardt.
„Panorama“ zeigt Ausschnitte des Interviews am Donnerstag, 19.
April, um 21.45 Uhr im Rahmen einer monothematischen Sendung über den
Terror des „Nationalsozialistischen Untergrunds“. In einer
halbstündigen Fassung ist das Interview um 0.00 Uhr im Ersten zu
sehen.
Brigitte Böhnhardt beschreibt einen drastischen Wandel bei ihrem
Sohn: „Er war unser Jüngster, Kleinster, das Nesthäkchen. Er war
unser Liebling, wenn sie so wollen.“ Aber schon in der Pubertät
begannen die schwierigen Zeiten: Schulschwänzen, Kriminalität und
Abgleiten in die rechte Szene, schließlich das Untertauchen als
Terrorist.
Im „Panorama“-Interview schildern die Eltern, wie sie Kontakt zum
Trio im Untergrund hielten. 1998 waren Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und
Beate Zschäpe in die Illegalität abgetaucht. „Irgendwann lag ein
Zettel im Briefkasten“, so die Mutter, „mit Uhrzeit und Ort. Dann
standen wir bibbernd vor einer Telefonzelle, und da rief der Uwe an.“
Mehrmals habe man sich mit dem Trio in einem Park verabredet, von den
Morden wussten die Eltern nichts. Bei einem der Treffen im Jahr 2000
– dies war bisher nicht öffentlich bekannt – kam auch ein Ausstieg
aus der Illegalität zur Sprache. „Unser Sohn und Beate Zschäpe haben
gesagt, sie würden sich stellen. Aber der Uwe Mundlos war nicht
bereit“, so Brigitte Böhnhardt.
An das letzte Treffen erinnert sich Brigitte Böhnhardt noch genau:
„Beate hatte vorher am Telefon gebeten, dass ich ihr Rezepte
mitbringe, und zwar Rezepte von Kuchen und Plätzchen. Der Uwe würde
so gerne meine Plätzchen essen wollen.“ Am Ende eine letzte Umarmung
von Mutter und Sohn: „Wenn ich mir überlege: Zu diesem Zeitpunkt
sollen sie schon vier Menschen getötet haben – ich kann das nicht
fassen. Dass sie uns umarmen können und haben schon vier Menschen
getötet. Das kann ich bis heute nicht fassen.“ 2002 riss der Kontakt
ab. Insgesamt gehen zehn Morde und mehrere brutale Banküberfalle auf
das Konto des Trios.
Kontakt mit den Eltern nahm Beate Zschäpe erst wieder am 5.
November 2011 auf. Sie meldete sich telefonisch bei den Böhnhardts,
erinnert sich die Mutter. „Sie sagte: Der Uwe kommt nicht, der Uwe
ist tot, der kommt nicht wieder zurück. Die beiden Jungs haben sich
das Leben genommen, sie haben keinen Ausweg mehr gesehen, aber sie
wollten auch nicht ins Gefängnis gehen.“
„Panorama“ (monothematisch zum NSU): Donnerstag, 19. April, 21.45
Uhr; „Das kann man nicht verzeihen“: Donnerstag, 19. April, 0.00 Uhr,
Das Erste
Informationen zu „Panorama“ finden Sie im Internet unter
panorama.de
18. April 2012 / IB
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