WAZ:Ägyptens blutiger Mittwoch – Kommentar von Gudrun Büscher

Straßenschlachten, Panzereinsatz, Heckenschützen in
Kairo, Port Said und Alexandria, unzählige Tote und Verletzte, es
brennen Kirchen, Geschäfte, Häuser: Ägypten steht in Flammen. Und der
gestrige Tag könnte in die Geschichte eingehen – als grausames Ende
des Arabischen Frühlings, der so hoffnungsvoll begann und nun so
erbärmlich zu scheitern droht. Als der Tag, an dem sich die Armee
endgültig die Macht im Staat zurückerobert hat. Vier Wochen, so hat
die Militärführung verkündet, soll der verhängte Ausnahmezustand
andauern. Doch wer soll das glauben? Mehr als drei düstere Jahrzehnte
lang regierte Präsident Mubarak das Land am Nil mit harter Hand – und
im permanenten Ausnahmezustand. Erst Ende Januar 2012 hatte der
Oberste Militärrat nach dem Sturz Mubaraks „die Ausnahme“ für beendet
erklärt. Der Arabische Frühling dauert also keine 19 Monate. Den
Menschen stehen bittere Zeiten bevor. Es gibt keine vernehmbare
Stimme der Vernunft, keinen Respekt vor den Interessen des
politischen Gegners, keine Kompromissbereitschaft, keinerlei
Augenmaß. Ägypten steht vor einem Bürgerkrieg, der das Land zu
zerreißen droht.

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