Bettina Wulff kämpft um mehr als ihren Ruf. Sie
arbeitet an ihrem Abschied aus dem alten Leben. Sie hat ein neues,
auch materiell unabhängiges Leben begonnen. Sie lässt, kein
unwichtiges Detail, die Öffentlichkeit an ihrer Neuerfindung
teilhaben. Sie eröffnete eine Kommunikationsfirma und vermarktete
eine Gesundheitsfirma bei den Paralympics in London. Dabei führte sie
Minister herum. Deshalb hat sie ein Buch geschrieben, das „Meine
Sicht der Dinge“ heißt und jetzt erscheint. Darum geht sie gegen
Blogger, Journalisten und Zeitungen vor, die Rotlichtgerüchte über
ihre Vergangenheit verbreiteten (die WAZ gehörte nicht dazu). Günther
Jauch hatte über einen entsprechenden Zeitungsartikel geredet. Er
unterzeichnete, wie andere auch, eine Unterlassungserklärung. Hätte
er dies nicht getan, Frau Wulff hätte ihn verklagen können. Man muss
allerdings jenen, die weniger konkret berichteten als vage
andeuteten, zu Gute halten, dass Bettina Wulffs eigener Mann, und
zwar als Noch-Bundespräsident, die Neugier der Öffentlichkeit zu
Lasten seiner Frau erheblich anfachte. In der ARD klagte er darüber,
was im Internet „da über meine Frau alles verbreitet wird an
Fantasien“. Weshalb sagte er das – zu einem Zeitpunkt, als sie sich
nicht wehren konnte, um ihren Mann nicht zu belasten? Es wäre sehr
einfach, dem Internet die Schuld zuzuweisen. Wahr ist, dass sich
digital ein Gerücht schneller verbreitet als ein analog geflüstertes.
Wahr ist auch, dass das Internet eine Plattform für anonym
verbreitete Scheußlichkeiten ist. Naiv oder geschichtslos ist aber
die Annahme, derlei komme im richtigen Leben nicht vor. Digitale
Gerüchte haben reale, wenn auch übel wollende Quellen, im Fall Wulffs
etwa in der niedersächsischen CDU. Das Magazin Focus schreibt,
Christian Wulff wünsche sich ein Comeback, bei den Vereinten Nationen
oder in Europa, während er versuche, „im Gespräch mit dem Berliner
Prälaten Karl Jüsten und einem Psycho-Coach seinen Absturz und die
dadurch entstandenen Belastungen für seine Ehe aufzuarbeiten“. Das
sind keine Gerüchte, sondern Tatsachenbehauptungen. Das Drama der
Wulffs geht weiter.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de