Die NRW-Landesregierung hat mit ihrem gerade
eingeschlagenen Sonderweg im Umgang mit jungen Straftätern einen
schweren Rückschlag erlitten. Wie erst am Donnerstag bekannt wurde,
sind bereits im August drei jugendliche Intensivtäter im Alter von 16
und 17 Jahren aus einem spezialisierten Jugendhilfezentrum in
Dormagen getürmt. Zwei von ihnen sind noch immer auf der Flucht. Das
berichten die Zeitungen der WAZ-Gruppe (Freitagausgaben).
Die Jugendlichen waren wegen schwerer Gewalt- und Diebstahldelikte
zu Jugendhaft verurteilt worden, durften diese jedoch im rot-grünen
Modellprojekt „Jugendstrafvollzug in freien Formen“ verbüßen. Statt
Gefängnis gab es für sie in Dormagen ein pädagogisch abgestimmtes
Tagesprogramm aus Frühsport, Schule, Koch- und Benimmkursen.
„Das ist ein schlechter Start für das Projekt“, räumte
Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) gegenüber der WAZ-Gruppe ein.
Mit „neuen Wegen“ im Umgang mit jugendlichen Straftätern wollte
Kutschaty die hohen Rückfallquoten von rund 60 Prozent senken. Das
Dormagener Modell, das trotzdem weiterhin laufen soll, gilt als Test
für eine landesweite Reform. In NRW sitzen zurzeit rund 1800 junge
Straftäter im Alter von 14 bis 21 Jahren im Gefängnis.
Politisch brisant ist die Flucht des Intensivtäter-Trios vor
allem, weil Kutschaty sein Modellprojekt unter das Leitmotto „Kein
Kind zurücklassen“ von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD)
gestellt hatte. Die Opposition im Landtag sah den Ansatz „Bessern
statt Strafen“ von Beginn an kritisch, warnte den Justizminister vor
einer zu laxen „Kuschelpädagogik“.
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