WAZ: Ein Land, zwei Arbeitsmärkte – Kommentar von Stefan Schulte

Deutschland hat seit langem einen geteilten
Arbeitsmarkt und der Spalt wird sich noch vertiefen. Auf der einen
Seite stehen gut bezahlte, umworbene Fachkräfte. Auf der anderen
bescheiden entlohnte Dienstleister. Weil das so ist, geht jede
Lohnstatistik, die mit Durchschnittswerten hantiert, an der
Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei. Dass die Löhne in Deutschland
kaum gestiegen sind, können weder die einen noch die anderen
bestätigen. Die einen, weil sie netto sogar weniger verdienen. Die
anderen, weil sie dank starker Gewerkschaften sehrwohl ordentliche
Zuwächse bekommen haben. Die Folgerung, Deutschland solle den mit
niedrigen Löhnen erkauften Exportüberschuss abbauen, geht so oder so
daneben. Die Industrie exportiert trotz guter Löhne und die IG Metall
würde einen Teufel tun, eine Exportdrosselung zu fordern. Das Problem
sind unterbezahlte Niedriglöhner. Sie sind kaum organisiert und
deshalb zu schwach, um höhere Löhne durchzusetzen. Eine
Exportdrosselung würde für sie nur eines bewirken: Mehr arbeitslose
Fachkräfte und somit weniger Kunden im Frisörladen, der Bäckerei und
dem Restaurant.

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