Heinz Fromm ist kein Betrüger, sondern ein
Betrogener. Denn der Präsident des Verfassungsschutzes wurde im
eigenen Amt getäuscht. Kaum war im November 2011 bekannt geworden,
dass Neonazis aus Thüringen für eine Mordserie verantwortlich waren,
da hat ein Referatsleiter nicht etwa jede Information gesichert,
sondern sieben Akten über Rechtsextremisten vernichtet. Fromm kann
nichts dafür. Aber er trägt die Verantwortung: Seine Behörde führte
ein Eigenleben. Fast so wichtig wie die Verfehlung und die Motive
eines Einzelnen – wollte der Referatsleiter jemanden decken? – ist
die Frage, wie viele im Amt davon wussten, dass der Präsident genarrt
wurde. Eigentlich ist Fromm jetzt untragbar geworden. Aber vielleicht
ist in diesem Einzelfall nicht die Versetzung in den Ruhestand die
Höchststrafe, sondern die Aufklärung der Vertuschung. Denn Fromm ist
bald 64 Jahre, also nahe der Pensionierung. Man muss abwägen, ob ein
Mann, der seine Karriere hinter sich hat, nicht die stärkste
Triebkraft zur Aufklärung hat: seine Ehrenrettung. Jetzt zeigt sich,
dass der Untersuchungsausschuss zur Neonazi-Mordserie seine
Berechtigung hat. Verfassungsschützer Fromm ist überhaupt nur deshalb
der Vertuschung in seiner Behörde auf die Spur gekommen, weil er für
seinen Zeugenauftritt vor den Abgeordneten bestens vorbereitet sein
wollte. Der Ausschuss klopfte auf den Busch und siehe: Man wurde
nervös. Das könnte sich noch oft wiederholen.
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