Westdeutsche Zeitung: Griechenland = von Martin Vogler / http://www.wz-newsline.de

Athen brennt zwar nicht, wie es manche
Schlagzeilen suggerierten, doch die Proteste gegen das Sparprogramm
eskalieren. Umso ehrenwerter ist es, dass das griechische Parlament
sich deutlich dafür entschied. Die meisten Abgeordneten ließen sich
glücklicherweise nicht von der Randale auf den Straßen beeindrucken –
und sie knickten auch nicht aus Furcht vor einem schlechten
Abschneiden bei der nächsten Wahl ein, die bereits im April
stattfinden könnte. Trotz aller Kritik an Griechenland: Respekt für
dieses Abstimmungsergebnis ist angebracht. Die internationale Politik
und die Börsen reagierten gestern entsprechend positiv. Allerdings
hatte das Parlament auch kaum eine Alternative. Ohne das Ja hätte
Europa den Geldhahn sofort zugedreht. Griechenland wäre pleite, statt
weiterhin von der EU durchgefüttert zu werden. Die Probleme des
Landes sind noch lange nicht gelöst. Die nächste Hürde türmt sich
bereits morgen anlässlich des Treffens der EU-Finanzminister auf.
Griechenland muss diese Runde überzeugen, dass es nicht nur
Absichtserklärungen abgibt, sondern radikal spart. Es wird
schmerzhaft für alle: Anleger müssen wohl auf 70 Prozent ihres
Kapitals verzichten – und den Hellenen stehen weitere Kürzungen bei
Gehältern, Pensionen und Sozialleistungen bevor. Viele werden noch
arbeitslos werden, Einzelhändler und Unternehmen ihren
Geschäftsbetrieb einstellen müssen. Wenn Griechenland keine
Staatspleite erleben soll, führt an solch harten Schnitten kein Weg
vorbei. Auch ein nur minimales Aufweichen des Sparprogramms wäre
gefährlich. Die dermaßen gebeutelten Griechen kann man bedauern. Für
ausufernde Proteste gibt es hingegen keinen Grund, zumal das Land
jahrelang über seine Verhältnisse gelebt hat. Die Ausschreitungen
inklusive deutschfeindlicher Tendenzen schaden Griechenland sogar
direkt wirtschaftlich, weil es sich als Urlaubsziel diskreditiert.
Trotz des klaren Abstimmungsergebnisses im Parlament könnte die Lage
schon am Mittwoch wieder kritisch werden. Sollten die
EU-Finanzminister nicht vom überarbeiteten Sparpaket überzeugt sein,
droht bereits am 20. März der Staatsbankrott. Denn dann muss
Griechenland mehr als 14 Milliarden Euro für eine fällige Anleihe
aufbringen.

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