Rheinische Post: Kommentar / Friedensnobelpreis für Kim und Trump! = Von Michael Bröcker

Es ist fast eine körperliche Anstrengung, den
Händedruck zwischen dem US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump
und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un zu loben. Ist das
nicht der Mann, der Zehntausende Menschen einsperren und verhungern
lässt, seine Gegner brutal ermordet und seinem Volk Freiheiten
verwehrt wie in kaum einem anderen Land der Welt? Wie kann man zu
diesem brutalen Diktator ernsthaft eine „großartige Beziehung“
aufbauen, wie es der angebliche Führer der freien Welt, US-Präsident
Donald Trump, nun gesagt hat? Und warum schafft es der Staatschef der
einflussreichsten Demokratie der Welt nicht, über die engsten
Verbündeten, etwa die Europäer, so positiv zu reden?

Ja, dieser Friedensgipfel in Singapur tut weh. Aber es ist ein
Friedensgipfel. Millionen Koreaner haben ihn mit Hoffnungen verfolgt.
Sie wollen ihre Familien auf der anderen Seite der Grenze
wiedersehen, sie wollen frei sein und reisen, und sie wollen vor
allem ohne Angst vor dem Nuklearkrieg leben. Und nur, weil es bei
Donald Trump wohl eher um seinen eigenen Eintrag in die
Geschichtsbücher als um Versöhnung auf der koreanischen Halbinsel
geht, macht es das Ansinnen nicht schlechter. Es ist eine
historische, eine gute Tat.

Alleine das Treffen zwischen den Staatschefs der Länder, die
offiziell noch im Kriegszustand sind, ist ein Fortschritt. Wenn
Donald Trump und Kim Jong Un ernst machen und eine koreanische
Halbinsel ohne Atomwaffen Realität wird, dürfte dies die Diskussion
über die nukleare Abrüstung auch in anderen Ecken der Welt befördern.
Vielleicht ist das auch ein Grund für die scharfe Reaktion aus dem
Iran auf den Gipfel in Singapur.

US-Präsident Barack Obama hat 2009 den Friedensnobelpreis
bekommen, weil seine Ansprache an die Völker der Welt eine des
Friedens und des Miteinanders war. Am Ende seiner Amtszeit blieben
die Krisenherde im Iran, in Syrien und im Nahen Osten. Die EU hat die
Auszeichnung 2012 bekommen, heute ist sie in zentralen Feldern
zerstritten und Rechtspopulisten haben Auftrieb mit EU-kritischen
Positionen. Der Gründer einer Terror-Organisation,
Palästinenser-Präsident Jassir Arafat, bekam 1994 (mit Schimon Peres
und Jitzchak Rabin) den Preis in der Hoffnung auf dauerhaften Frieden
im Nahen Osten. Später unterstützte er die todbringende Zweite
Intifada. Heute ist die Region von Frieden sehr, sehr weit entfernt.

Warum sollten nicht auch Donald Trump und Kim Jong Un den
Friedensnobelpreis bekommen? Millionen Koreaner haben die Hoffnung
auf ein Ende des jahrzehntelangen Konflikts durch das Treffen dieser
beiden Männer wiedererlangt. Ist das nichts?

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