neues deutschland: Ex-BGH-Richter Neskovic hält Hartz-IV-Sanktionen für verfassungswidrig

Der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof,
Wolfgang Neskovic, sieht die Hartz-IV-Sanktionen mit dem Grundgesetz
in Konflikt: „Seit der bahnbrechenden Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtshofs vom Februar 2010 gibt es ein
unmittelbares, verfassungsrechtliches Recht auf Zusicherung eines
–menschenwürdigen Existenzminimums–.“ Das erklärte er gegenüber der
Tageszeitung „neues deutschland“. Die Formulierung „Minimum“ bedeute
unmissverständlich, dass jeder Betrag unterhalb dieser festgelegten
Grenze verfassungswidrig sei. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht
2012 in der Entscheidung zum Asylbewerberleistungsgesetz
festgestellt, dass es „neben Bedürftigkeit keine weiteren
Voraussetzungen oder Bedingungen für die Inanspruchnahme“ gebe.
Konsequenterweise müsse dieses Prinzip auch für die reguläre
Grundsicherung Hartz IV gelten. „Demnach können auch –pädagogische
Gründe–, wie das Prinzip des –Förderns und Forderns–, Kürzungen nicht
legitimieren.“ Das Bundesverfassungsgericht wird am 15. Januar zu der
Verfassungsmäßigkeit der Hartz-IV-Sanktionen tagen. Neskovic rechnet
allerdings nur mit einer Teilabschaffung der Strafen für Empfänger.
„Ich könnte mir gut vorstellen, dass die unterschiedlichen
Sanktionsregelungen für den Personenkreis der unter 25-Jährigen
gekippt, beziehungsweise deutlich eingeschränkt werden.“ Es sei zudem
gut möglich, dass das Bundesverfassungsgericht „erheblich engere
Vorgaben“ für die Verhängung von Sanktionen formuliert. Wolfgang
Neskovic war nach seiner Tätigkeit als Richter am Bundesgerichtshof
bis 2013 Bundestagsabgeordneter, davon bis zu seinem Parteiaustritt
2012 für die LINKE. Heute ist er in der Lübecker Bürgerschaft in der
Wähler*inneninitiative »Die Unabhängigen« aktiv.

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